EuGH soll Mitbestimmung in einer durch Umwandlung gegründeten SE klären

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts gibt § 21 Abs. 6 SE-Beteiligungsgesetz vor, dass in der Beteiligungsvereinbarung zur Mitbestimmung nach Umwandlung in eine SE ein gesondertes Auswahlverfahren für von Gewerkschaften vorgeschlagene Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Ob dieses Verständnis des nationalen Rechts mit Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2001/86/EG vereinbar ist, soll nun der Europäische Gerichtshof klären.

Umwandlung paritätisch mitbestimmter Aktiengesellschaft in eine Societas Europaea (SE)

Im Streitfall hatte die Arbeitgeberin ursprünglich die Rechtsform einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts. Entsprechend des Mitbestimmungsgesetzes war bei ihr ein 16-köpfiger Aufsichtsrat gebildet, der jeweils zur Hälfte von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besetzt war. Zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer waren von Gewerkschaften vorgeschlagen und in einem von den Wahlen der übrigen Arbeitnehmervertreter getrennten Wahlgang gewählt worden. Im Jahr 2014 wurde die Arbeitgeberin in eine SE umgewandelt.

Vorschlagsrecht der Gewerkschaft durch SE-Beteiligungsvereinbarung eingeschränkt

Derzeit verfügt sie über einen 18-köpfigen paritätisch besetzten Aufsichtsrat, bei dem ein Teil der auf die Arbeitnehmer entfallenden Sitze für von den Gewerkschaften vorgeschlagene und von den Arbeitnehmern zu wählende Personen reserviert ist. Die dazu zwischen der Arbeitgeberin und dem besonderen Verhandlungsgremium abgeschlossene Beteiligungsvereinbarung nach dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) sieht die Möglichkeit einer Verkleinerung des Aufsichtsrats auf zwölf Mitglieder vor. In diesem Fall können die Gewerkschaften zwar Wahlvorschläge für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unterbreiten. Ein getrennter Wahlgang findet insoweit aber nicht statt.

Klage der Gewerkschaft vorinstanzlich erfolglos

Die antragstellenden Gewerkschaften haben geltend gemacht, die Regelungen über die Bildung des verkleinerten Aufsichtsrats verstießen gegen § 21 Abs. 6 SEBG und seien unwirksam. Nach der Umwandlung in eine SE müsse den Gewerkschaften weiterhin ein ausschließliches Vorschlagsrecht für eine bestimmte Anzahl von Sitzen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zustehen. Die Vorinstanzen haben das Begehren abgewiesen.

BAG ersucht Gerichtshof um Vorabentscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat den Gerichtshof der Europäischen Union angerufen und diesen um Klärung gebeten. Bei der Gründung einer SE durch Umwandlung einer paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft gebe § 21 Abs. 6 SEBG vor, dass in der Beteiligungsvereinbarung zur Mitbestimmung ein gesondertes Auswahlverfahren für von Gewerkschaften vorgeschlagene Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu gewährleisten sei. Es sei entscheidungserheblich, ob dieses Verständnis des nationalen Rechts mit Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer vereinbar sei.

BAG, Beschluss vom 18.08.2020 - 1 ABR 43/18 (A)

Redaktion beck-aktuell, 18. August 2020.