BAG: Dynamische Verweisung auf kirchliches Arbeitsrecht gilt auch nach Betriebsübergang auf weltlichen Erwerber weiter

Wird der Betrieb eines kirchlichen Arbeitgebers durch Betriebsübergang von einem weltlichen Erwerber übernommen, tritt der Erwerber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Teil der weitergeltenden Pflichten ist die arbeitsvertraglich vereinbarte Bindung an das in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) geregelte kirchliche Arbeitsrecht. Wird im Arbeitsvertrag auf die AVR in der "jeweils geltenden Fassung" verwiesen, verpflichtet diese dynamische Inbezugnahme den weltlichen Erwerber, Änderungen der AVR wie zum Beispiel Entgelterhöhungen im Arbeitsverhältnis nachzuvollziehen. Dies stellte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23.11.2017 heraus (Az.: 6 AZR 683/16).

Arbeitsverhältnis auf weltlichen Betriebserwerber übergegangen

Der Kläger war seit 1991 bei einem Arbeitgeber, der dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche angeschlossen war, im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass die AVR des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils gültigen Fassung gelten sollten. Zum 01.01.2014 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über, die als gemeinnützige GmbH nicht Mitglied des Diakonischen Werks ist und dies auch nicht werden kann.

Neue Arbeitgeberin sieht sich nicht an dynamische Verweisung gebunden

Die Beklagte will die AVR im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch statisch mit dem am 31.12.2013 geltenden Stand anwenden. Sie vertritt die Auffassung, sie sei an Änderungen in diesem Regelungswerk, die nach dem Betriebsübergang erfolgten, nicht gebunden, da sie auf den Inhalt der AVR weder direkt noch mittelbar Einfluss nehmen könne. Die für die AVR beschlossenen Entgelterhöhungen von 1,9% beziehungsweise von 2,7% zum 10.07.2014 und 08.12.2014 gab sie darum an den Kläger nicht weiter. Der Kläger begehrt die Zahlung des erhöhten Entgelts.

BAG: Dynamische Geltung erfordert keinen kirchlichen Arbeitgeber

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die dynamische Geltung der AVR hänge nicht davon ab, dass der Arbeitgeber ein kirchlicher ist. Ihr stehe auch Unionsrecht nicht entgegen. Das BAG hat auch in einem Parallelverfahren die Revision der Beklagten zurückgewiesen (Az.: 6 AZR 684/16).

BAG, Urteil vom 23.11.2017 - 6 AZR 683/16

Redaktion beck-aktuell, 23. November 2017.

Mehr zum Thema