Darlegungs- und Beweislast bei einer korrigierenden Rückgruppierung

Beabsichtigt ein Arbeitgeber, seinen Beschäftigten in eine niedrigere Vergütungsgruppe einzuordnen, muss er die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung darlegen und beweisen, wenn der Arbeitnehmer sich auf die ihm ursprünglich mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft. Dieser Grundsatz gilt laut Bundesarbeitsgericht auch dann, wenn die Neubewertung zwar keine unmittelbaren Auswirkungen hat, aber einem Höhergruppierungsantrag die Grundlage entziehen würde.

Sachbearbeiterin stellt Höhergruppierungsantrag

Die Angestellte einer Ordnungsbehörde verlangte von ihrer Arbeitgeberin, einer Kommune, von Januar 2017 bis Februar 2019 nach Entgeltgruppe 9a der Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA vergütet zu werden. Sie war dort seit 2013 beschäftigt. 2015 bewarb sie sich erfolgreich auf eine interne Ausschreibung "Sachbearbeiter/-in Bürgerbüro". Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Bewertet war die Stelle nach "Entgeltgruppe E 08 entspr. BAT-O/BMT-G-O Vc/1b". 2016 stellte die Gemeinde im Rahmen der Anzeige einer gleichartigen Arbeit fest, dass diese in die niedrigere Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a BAT-O einzuordnen sei. Daraufhin wurde die auf der Stellenbeschreibung vermerkte Bewertung am 08.12.2016 in "VG Vc/1a" handschriftlich geändert. Ende März 2017 übersandte ihr die Behörde ein Exemplar – ohne den Zusatz. Im Mai 2017 stellte die Frau erfolglos einen "Antrag auf Höhergruppierung ab 01.01.2017" nach Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA, basierend auf der Einordnung Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b BAT-O. Sie wurde auf die vorgenommene Neubewertung hingewiesen. Dadurch sei ihre bisherige Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA zutreffend. Aus Sicht der Klägerin handelte es sich um eine korrigierende Rückgruppierung. Seit März 2019 wurde sie nach einer Beförderung nach Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA vergütet. Sowohl beim Arbeitsgericht Dresden als auch beim Sächsischen Landesarbeitsgericht bekam die Sachbearbeiterin Recht. Dagegen legte die Gemeinde die Revision beim BAG ein – ohne Erfolg.

"Begrenzter Vertrauensschutz"

Dem Gericht zufolge steht der Klägerin eine höhere Vergütung zu. Die Behörde sei ihrer Darlegungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Ihrem Vortrag lasse sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b (und damit eine Entlohnung nach der Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA) fehlerhaft gewesen wäre. Bei einer wie hier vorliegenden so genannten korrigierenden Rückgruppierung, bei welcher die Arbeitnehmerin einer niedrigeren Vergütungsgruppe zugeordnet werde, sei sie dazu aber verpflichtet. Die Beschäftigte könne sich auf einen "begrenzten Vertrauensschutz" berufen, den die Arbeitgeberin durch ihre Mitteilung der maßgebenden Vergütungsgruppe "BAT-O Vc/1b" geschaffen habe. Diese Grundsätze gelten den BAG-Richtern zufolge auch dann, wenn die von der Beklagten vorgenommene Änderung der Fallgruppe einem Höhergruppierungsantrag der Klägerin nach § 29b TVÜ-VKA die Grundlage entzieht.

BAG, Urteil vom 27.04.2022 - 4 AZR 463/21

Redaktion beck-aktuell, 21. Juli 2022.