Betriebsratsschulung mit Beigabe eines sogenannten Starterkits

Ein Arbeitgeber muss die Erstschulung eines Betriebsratsmitglieds auch dann bezahlen, wenn der Veranstalter seinen Teilnehmern für die Ausübung ihrer Aufgaben Arbeitsgesetze, einen Kommentar zum Betriebsverfassungsrecht, ein Tablet und Ähnliches mitgibt. Solange der Seminarpreis pauschal verlangt werde, so das Bundesarbeitsgericht, und es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Preis der Schulung durch die Beigaben unangemessen hoch bemessen wird, sei der Arbeitgeber zur Freistellung seines Betriebsrats von den Kosten verpflichtet.

Betriebsverfassungsrecht Teil I-Seminar gebucht

Ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied nahm an einem Grundlagenseminar teil, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Der nichtgewerkschaftliche Veranstalter bot eine fünftägige Schulung mit Vollverpflegung an und gab den Teilnehmern neben den Seminarunterlagen auch ein „Starter-Set“ (Tablet, Betriebsverfassungsrechtskommentar, Arbeitsgesetze, Laserpointer, Taschenrechner und einen USB-Stick) mit. Die Schulung kostete pauschal netto rund 700 Euro. Der Arbeitgeber wollte diese Kosten nicht tragen. Sowohl das Arbeitsgericht Darmstadt als auch das Hessische Landesarbeitsgericht verurteilten ihn zur Freistellung des Betriebsrats von den Schulungskosten. Das Unternehmen erhob die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht – ohne Erfolg.

Schulungskosten waren erforderlich

Laut den Erfurter Richtern hat der Betriebsrat nach den §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG einen Anspruch auf die geforderte Freistellung von den Schulungskosten. Die Vermittlung von Grundkenntnissen im Arbeitsrecht an ein erstmaliges Mitglied in der Arbeitnehmervertretung sei ohne Zweifel erforderlich. Da aber der Arbeitgeber die Kosten trage, müssten die Kosten der Schulung angemessen sein, um dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu genügen. Der Arbeitgeber hat dem BAG zufolge nicht dargetan, dass es qualitativ gleichwertige – aber günstigere – Schulungsangebote gegeben habe.

Starterkit ist unschädlich

Der Einwand des Arbeitgebers, der Pauschalpreis verstecke nur die hohen Kosten für das Startpaket, vermochte das BAG nicht zu überzeugen: Laut den Feststellungen des LAG hatte der Veranstalter dasselbe Seminar vier Jahre zuvor noch ohne das Tablet zu nahezu demselben Preis angeboten. Es habe deshalb keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass die Beigaben unzumutbare hohe Kosten auslösten. Der Veranstalter sei nicht verpflichtet, den Pauschalpreis in seine Einzelteile aufzuschlüsseln, um den Wert des Starterkits von dem der Schulung trennen zu können. Wenn die Schulung mit einem Pauschalpreis angeboten werde, sei dieser Preis für die Gesamtleistung in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzustellen. Die Teilnehmer hätten sich auch nicht auf Kosten ihrer Arbeitgeber bereichert, weil die Beigaben tatsächlich der Tätigkeit als Betriebsrat dienlich seien. Selbst eine Bewertung der Beigaben als Werbemaßnahme des Schulungsveranstalters ändert laut den Erfurter Richter nichts daran, weil dieser Umstand für die Bewertung, ob der Preis verhältnismäßig ist, irrelevant sei.

BAG, Beschluss vom 17.11.2021 - 7 ABR 27/20

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2022.