Vor 2022 nur beschränkter Insolvenzschutz bei gekürzten Pensionskassenrenten in Sicherungsfällen

Der Pensionssicherungsverein muss bei Leistungskürzungen der Pensionskasse im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers, der die Versorgungszusage gemacht hat, nur begrenzt eintreten, wenn der Sicherungsfall vor 2022 eintritt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt. Eine Eintrittspflicht bestehe dann nur, wenn die Pensionskasse die Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die Armutsgefährdungsschwelle fällt.

Nach Arbeitgeberinsolvenz Eintritt des Pensionssicherungsvereins wegen Leistungskürzungen der Pensionskasse gefordert

Der Kläger bezieht unter anderem eine Pensionskassenrente, die von der Pensionskasse aufgrund eines Beschlusses ihrer Mitgliederversammlung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten seit dem Jahr 2003 jährlich herabgesetzt wird. In der Vergangenheit hat die frühere Arbeitgeberin diese Leistungskürzungen wegen ihrer gesetzlichen Einstandspflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz ausgeglichen. Nachdem die frühere Arbeitgeberin insolvent geworden ist, fordert der Kläger vom Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSV), für die von der Pensionskasse vorgenommenen Leistungskürzungen einzutreten. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Dagegen legte der PSV Revision ein.

BAG: EuGH bejahte eingeschränkten Insolvenzschutz durch Pensionssicherungsverein

Die Revision hatte Erfolg. Auf Vorlage des BAG habe der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 19.12.2019 (BeckRS 2019, 32147) entschieden, dass eine unionsrechtliche Verpflichtung, die Betriebsrentner in solchen Situationen abzusichern, nur dann besteht, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die vom statistischen Amt der EU (Eurostat) für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle fällt.

Volle PSV-Haftung für Einstandspflicht des Arbeitgebers im BetrAVG verankert

In der Folge habe der Gesetzgeber durch Art. 8a des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248) eine Haftung des PSV für die Einstandspflicht des Arbeitgebers im Fall einer Leistungskürzung einer Pensionskasse in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG gesetzlich verankert. Ausnahmen gölten nur für Pensionskassen, die einem Sicherungsfonds angehörten oder gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien seien.

Bei Sicherungsfällen vor 2022 nur Haftung nach EuGH-Kriterien

Für Sicherungsfälle vor dem 01.01.2022 komme die Haftung nach einer Übergangsregelung in § 30 Abs. 3 BetrAVG jedoch nur unter den vom EuGH entwickelten Voraussetzungen in Betracht. Erst für spätere Sicherungsfälle hafte der PSV voll. Im Streitfall sei der Sicherungsfall vor dem 01.01.2022 eingetreten und beide alternativen Voraussetzungen für eine Eintrittspflicht des PSV seien nicht erfüllt.

BAG, Urteil vom 21.07.2020 - 3 AZR 142/16

Redaktion beck-aktuell, 21. Juli 2020.

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