BAG zur Gleichbehandlung bei Ausstellung einer Tätigkeitsbeschreibung als Syndikus

Das Bundesarbeitsgericht hat Vorgaben dafür gemacht, wann ein Gewerkschaftssekretär die Ausstellung einer Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusanwalt von seinem Arbeitgeber (hier: Verdi) verlangen kann. Es rügte die Begründung des LAG, das nun noch einmal entscheiden muss, weil es den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu eng gefasst hatte und seine Begründung auf nicht ausreichende Tatsachen gestellt hatte.

Verdi verweigert Ausstellung einer Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwalt

Der Kläger besitzt die Befähigung zum Richteramt und ist seit 2013 bei Verdi als Gewerkschaftssekretär mit Rechtsschutzaufgaben beschäftigt. 2017 forderte er seine Arbeitgeberin zur Ausstellung einer Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusrechtsanwalt auf. Diese verweigerte die Ausstellung mit der Begründung, der Kläger sei nicht als Syndikusanwalt, sondern als gewerkschaftlicher Interessenvertreter eingestellt worden und in dieser Funktion tendenzbezogen und weisungsabhängig tätig. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfordere eine Änderung des Arbeitsvertrags, auf die der Kläger keinen Anspruch habe. Der Kläger verlangte daher, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Tätigkeitsbeschreibung als Syndikusanwalt zur Vorlage bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt, laufend auf seinen Namen, von mindestens einem zur Vertretung befugten Organmitglied unterzeichnet, herauszugeben. Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hatte sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrte der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das BAG hob das angefochtene Urteil teilweise auf und wies es an das Berufungsgericht zurück.

Begründung des LAG nicht tragfähig

Der Senat konnte auf der Grundlage der Feststellungen des LAG nicht abschließend entscheiden, ob der Klageantrag begründet ist. Das LAG habe aber den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der begehrten Tätigkeitsbeschreibung nicht mit der Begründung abweisen dürfen, die Handhabung der Beklagten, anderen Arbeitnehmern mit der Befähigung zum Richteramt die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu ermöglichen, habe keine verteilende Entscheidung zugrunde gelegen. Das LAG sei zu Unrecht davon ausgegangen, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Zulassungspraxis der Beklagten in der Vergangenheit uneinheitlich und teilweise ohne genauere Prüfung der rechtlichen Konsequenzen erfolgt sei. Das Fehlen eines generalisierenden Prinzips stehe der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entgegen. Die Beklagte dürfe nicht willkürlich darüber entscheiden, welchen - vergleichbaren - Mitarbeitenden sie eine Zulassung als Syndikus ermögliche und welchen nicht. 

Begrenzung auf Landesverband Hessen nicht ausreichend begründet

Die Entscheidung des LAG erweise sich nicht aus anderen Gründen als richtig, so das BAG weiter. Der Arbeitgeber habe eine Gleichbehandlung betriebsübergreifend zu gewährleisten, wenn seine verteilende Entscheidung nicht auf den einzelnen Betrieb begrenzt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben sei nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gebe. Die Annahme des LAG, für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung sei auf die Handhabung innerhalb des Landesbezirks Hessen und nicht auf die Gesamtheit aller Landesverbände der Beklagten abzustellen, werde von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Der vom LAG als maßgeblich erachtete Hinweis auf § 12 Ziff. 3 der Rechtsschutzrichtlinie, dem zufolge die Geschäftsführung und die Rechtssekretäre/-innen gemeinsam mit den Fachbereichen für den Bezirk verbindliche Regelungen zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung beim Rechtsschutz treffen, lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass die Entscheidung über die Zulassung als Syndikus gesondert in den einzelnen Landesverbänden getroffen wird und werden darf. Zudem genüge die im Konjunktiv getroffene Annahme des LAG, die in den unterschiedlichen Landesbezirken getroffenen internen Regelungen "dürften nicht identisch sein", nicht der gebotenen Tatsachenfeststellung.

Berufungsgericht muss Vorliegen einer bundeseinheitlichen Regelung prüfen

Daher müsse das Berufungsgericht nun festzustellen, ob die Beklagte - nicht lediglich in besonderen Einzelfällen - vergleichbaren Gewerkschaftssekretären die Zulassung als Syndikus ermöglicht habe und ob und gegebenenfalls seit wann genau eine bundeseinheitliche Regelung praktiziert werde. Die Beantwortung dieser Frage hänge maßgeblich davon ab, ob die Beklagte die zur Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt notwendige Änderung des Arbeitsvertrags zentral für alle Beschäftigten der Beklagten entscheide oder es den einzelnen Landesbezirksleitungen selbst überlasse, im Rahmen ihrer Eigenorganisation des Rechtsschutzes eine autonome Handhabung zu praktizieren. Träfe der jeweilige Landesbezirk die entsprechende Entscheidung, hätte der Kläger keinen Anspruch darauf, mit den Beschäftigten in den anderen Landesbezirken gleich behandelt zu werden.

BAG, Urteil vom 27.04.2021 - 9 AZR 662/19

Redaktion beck-aktuell, 13. Juli 2021.