Er war nicht nutzlos: Anwaltskosten trotz später Hinzuziehung zu erstatten
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Nach einem Urteil des BAG können Kosten für einen Rechtsanwalt im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch dann erstattungsfähig sein, wenn er als zusätzlicher Prozessbevollmächtigter neben einem Gewerkschaftsvertreter erst vier Monate vor dem Termin im Berufungsverfahren beauftragt wird, sofern er Sinnvolles beiträgt.

Ein Arbeitnehmer hatte sich in der ersten Instanz lediglich - für ihn kostenlos - von einem Vertreter des DGB Rechtsschutzes vertreten lassen. Erst im Berufungsverfahren, 4 Monate vor der Verhandlung und als die Berufungsbegründung bereits eingereicht war, beauftragte er zusätzlich einen eigenen Anwalt.

Dieser reichte im Verlauf des Verfahrens mehrere Schriftsätze ein und vertrat ihn – jeweils gemeinsam mit dem Vertreter der DGB Rechtsschutz – in der mündlichen Verhandlung beim LAG. Das LAG gab der Kündigungsschutzklage statt und legte die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten zu 75% und dem Kläger zu 25% auf. Gestritten wurde um die Rechtsanwaltskosten. ArbG und LAG meinten, die Beauftragung des Rechtsanwalts sei nicht als zweckentsprechend anzusehen, da im Zeitpunkt der Beauftragung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur noch unter eingeschränkten Voraussetzungen vorgebracht werden konnten.

Rechtsanwalt hat Sachvortrag geändert

Diese Auffassung teilte das BAG nicht (Beschluss vom 18.04.2024 – 4 AZB 24/23). Die Rechtsbeschwerde des Mitarbeiters sei begründet. Die Mandatierung sei zwar erst nach Eingang der Berufungsbegründung und -erwiderung beim LAG erfolgt. Diese Umstände rechtfertigten aber nicht die Annahme, die nachträgliche Mandatierung sei als nicht zweckentsprechend anzusehen. Das gelte schon deshalb, weil die Mandatierung vier Monate vor dem anberaumten Termin erfolgt sei. In dieser Situation sei weiterer Sachvortrag möglich gewesen und im weiteren Prozessverlauf auch tatsächlich erfolgt.

Der Arbeitnehmer habe zwar erstinstanzlich einen erforderlichen Stilllegungsbeschluss des Arbeitgebers in Abrede gestellt, dessen Existenz aber in der Berufungsbegründung eingeräumt. Erst mit Schriftsatz seines neuen Rechtsanwalts habe er den Stilllegungsbeschluss erneut bestritten und damit seinen Sachvortrag geändert. Diesen geänderten Vortrag habe das LAG berücksichtigt und auch für entscheidungserheblich gehalten.

Dass der DBG Rechtsschutz, der im ersten Rechtszug mit der Vertretung beauftragt war, bereit gewesen wäre, die Vertretung unentgeltlich weiter zu übernehmen, ändere daran nichts. Zwar müsse, wenn ein Verbandsvertreter das gerichtliche Verfahren in einer Instanz bereits betrieben habe, geprüft werden, ob die nachträgliche Mandatierung eines Rechtsanwalts in der konkreten Prozesssituation und angesichts des bereits erfolgten Prozessfortschritts noch zweckentsprechend und nicht nutzlos war. Genau das sei hier aber geschehen.

BAG, Beschluss vom 18.04.2024 - 4 AZB 24/23

Redaktion beck-aktuell, ew, 10. Mai 2024.