Im Ergebnis hätte der Verkehrsbetrieb die Rechnung besser einfach nicht bezahlt, die dem Unternehmen ins Haus geflattert war, nachdem sich ein angestellter Busfahrer, der auch Betriebsratsmitglied ist, im Streit um den Besuch arbeitsrechtlicher Schulungen während der Corona-Zeit professionelle Unterstützung gesucht hatte. Die Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht berechnete für den Schriftsatz an den Verkehrsbetrieb 413,90 Euro netto. Der Arbeitgeber leitete die Rechnung zunächst über den Betriebsrat an den Mitarbeiter weiter. Es fehle schon, was zutraf, an einem Betriebsratsbeschluss über die Beauftragung. Daher müsse der Angestellte die Kosten selbst tragen. Als dieser nicht reagierte, zahlte das Verkehrsunternehmen die Rechnung selbst und zog den Betrag dann dem renitenten Busfahrer einfach vom Lohn ab. Dieser klagte sein restliches Gehalt ein.
Zu Recht, wie auch das BAG (Urteil vom 25.10.2023 - 7 AZR 338/22) urteilte. Die Erfurter Richterinnen und Richter wiesen den Angestellten aber deutlich darauf hin, dass er seinen Erfolg nicht der Tatsache verdankte, dass das Unternehmen die Rechnung als erforderliche Kosten der Betriebsratsarbeit nach § 40 BetrVG hätte tragen müssen. Weder habe es einen – hier notwendigen – Betriebsratsbeschluss gegeben noch sei es erforderlich gewesen, die Fachanwaltskanzlei zu beauftragen.
BAG: Keine Umgehung des Beschlussverfahrens
Vielmehr hat die Entscheidung des BAG einen verfahrensrechtlichen Hintergrund. Die Richterinnen und Richter urteilen, dass der Arbeitgeber in dieser Konstellation seine Ansprüche nicht auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder auch das Bereicherungsrecht stützen könne, weil diese Rechtsinstitute den Schutz des sogenannten Beschlussverfahrens aushebeln würden.
Streit darüber, ob Kosten der Betriebsratsarbeit im Sinn von § 40 Abs. 1 BetrVG vorliegen, die der Arbeitgeber tragen muss, sei nämlich nach §§ 2a, 80 Abs. 1 ArbGG zwingend im Beschlussverfahren zu klären. Dieses sei nach § 2a Abs. 1 ArbGG "exklusiv" für alle Konflikte zuständig, bei denen es um die Rechte und Pflichten des Betriebsrats gehe. Im Gegensatz zum Urteilsverfahren gelte dort beispielsweise – zumindest eingeschränkt – der Grundsatz der Amtsermittlung. Der Schutz des Betriebsrats durch diese Verfahrensart werde unterlaufen, wenn der Streit in das Urteilsverfahren verlagert werde. Genau dies habe der Arbeitgeber aber hier getan, indem er durch den Lohnabzug das Verfahren in das Fahrwasser des Urteilsverfahrens gezwungen habe. Diese Umgehung des Beschlussverfahrens würde man durch Zulassung von Regressansprüchen aus Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag akzeptieren. Das komme aber nicht in Betracht. Das Ergebnis wäre, so das BAG, "weder sach- noch interessengerecht".
Deshalb könnten in bestimmten Konstellationen die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag – ebenso wie die des Bereicherungsrechts – nicht als Anspruchsgrundlage herangezogen werden, "so bei abschließenden gesetzlichen Sondertatbeständen zur Rückgriffs- oder Ausgleichslage und aus darüber hinausgehenden grundsätzlichen Erwägungen unter Berücksichtigung der im System der Privatautonomie angelegten Risikoverteilung, bei einem anderenfalls nicht gerechtfertigten Eingriff in ein umfassend geregeltes Kompetenz- und Zuständigkeitsgefüge oder aus prinzipiellen schutzzweckbezogenen Erwägungen", schreibt das BAG unter Berufung auf mehrere ältere Entscheidungen.
Der Senat gab dem Arbeitgeber aber immerhin eine klare Empfehlung mit: "Wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, dass ihm gegenüber geltend gemachte Rechtsanwaltskosten nicht im Sinn des § 40 Abs. 1 BetrVG erforderlich sind, kann er deren Übernahme schlicht verweigern."