Syndikusrechtsanwälte in Verband können Schriftsätze per beA oder eBO einreichen

Syndikusrechtsanwälte, die für einen Verband Rechtsdienstleistungen gegenüber Verbandsmitgliedern erbringen, können sowohl das eigene besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) als auch das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) des Verbands als sicheren Übermittlungsweg nutzen.

Das BAG hat entschieden, dass der Widerruf eines gerichtlichen Vergleichs durch eine Verbandssyndikusrechtsanwältin wirksam ist, wenn er über das eBO des Arbeitgeberverbands eingereicht wird. Für den zugrunde liegenden Kündigungsrechtsstreit bedeutete das, dass er nicht durch den Vergleich beendet worden ist.

Der Schriftsatz, mit dem der bevollmächtigte Arbeitgeberverband den Widerruf des Vergleichs fristgemäß erklärt hatte, schloss mit der maschinenschriftlichen Wiedergabe des Namens einer Syndikusrechtsanwältin ab. Als Absender wies der Authentizitäts- und Integrationsnachweis den Arbeitgeberverband aus. Eine qualifizierte elektronische Signatur ergibt sich aus diesem Nachweis nicht.

Das BAG entschied, der Widerruf sei wirksam als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht worden (Beschluss vom 19.12.2024 – 8 AZB 22/24). Nach § 46c Abs. 1 ArbGG  könne der Widerruf eines gerichtlichen Vergleichs als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Dazu müsse dieses nach  § 46c Abs. 3 S. 1 ArbGG  mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von dieser signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Hier greife die zweite Alternative: Die Syndikusrechtsanwältin habe den Widerrufsschriftsatz durch maschinenschriftliche Wiedergabe ihres Namens einfach signiert und ihn als elektronisches Dokument nach § 46c Abs. 4 S. 1 ArbGG auf einem sicheren Übermittlungsweg beim ArbG eingereicht. Hierfür habe sie sowohl das beA als auch das eBO nutzen können.

Sichere Übermittlungswege stehen gleichrangig nebeneinander

Aus § 46c Abs. 4 ArbGG ergebe sich kein Rangverhältnis zwischen den unterschiedlichen sicheren Übermittlungswegen, so das BAG. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich bei der Übersendung aus dem eBO um einen sog. nicht-personenbezogenen sicheren Übermittlungsweg handelt. Die damit verbundene Unmöglichkeit der zweifelsfreien Zuordnung einer versandten Nachricht zu einer handelnden Person sei grundsätzlich hinzunehmen. Für die Prozessvertretung im arbeitsgerichtlichen Verfahren durch die Verbände des Arbeitslebens und deren juristische Personen iSv  § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG  korrespondiere das mit dem Umstand, dass diese selbst Bevollmächtigte sind, die lediglich nach  § 11 Abs. 2 S. 3 ArbGG  durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter handeln.

Das BAG hält Verbandssyndikusrechtsanwälte auch nicht aufgrund von § 46g S. 1 ArbGG für gehalten, ausschließlich ihr personenbezogenes beA als sicheren Übermittlungsweg zu nutzen. Zwar sei nach dieser Vorschrift ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber Verbandsmitgliedern erbringt, zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet. Daraus ergibt sich für das BAG aber nicht, dass eine formgerechte elektronische Übermittlung zwingend eine Nutzung des beA voraussetzt. Vielmehr eröffne § 46c Abs. 4 ArbGG mehrere alternative Übermittlungswege. Aus § 31a Abs. 1 iVm. § 46c Abs. 5 BRAO folge lediglich, dass ein Syndikusrechtsanwalt über ein beA verfügen muss. Auch daraus ergebe sich nicht, dass ausschließlich auf diesem Wege eine wirksame Übermittlung elektronischer Dokumente möglich ist.

BAG, Beschluss vom 19.12.2024 - 8 AZB 22/24

Redaktion beck-aktuell, gk, 10. Januar 2025.