Schon sechs Jahre lang war ein schwerbehinderter Mitarbeiter aufgrund einer Reihe von befristeten Arbeitsverträgen bei einer bayerischen Universität beschäftigt, als er sich ein Jahr vor Ablauf seines laufenden Vertrags für eine Arbeit als "technische Assistenz" am Institut für Pathologie bewarb. Auch die neue Stelle war wieder für zwei Jahre – mit Option auf Vertragsverlängerung – befristet. An der Universität galt eine Inklusionsvereinbarung, die Schwerbehinderte fördern sollte. Nach einem Vorstellungsgespräch sowie einem Probearbeitseinsatz wollte der Leiter der Pathologischen Abteilung den Bewerber einstellen. Der Arbeitgeber – der Freistaat Bayern – lehnte den Antrag auf Umsetzung jedoch ab, da aufgrund der Vorbeschäftigungszeiten des Manns eine weitere Befristung nicht mehr möglich sei. Der Bewerber zog gegen das Land vor die Arbeitsgerichte.
Letztlich konnte auch das BAG dem schwerbehinderten Anwärter nicht weiterhelfen, wie durch ein jetzt veröffentlichtes Urteil bekannt wurde (Urteil vom 29.2.2024 – 8 AZR 187/23). Der beklagte Freistaat dürfe im Rahmen seiner Organisationsfreiheit die zu besetzende Stelle auch befristet ausschreiben und sei nicht verpflichtet, sich durch Auswahl des Behinderten dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch unzulässige Kettenbefristungen auszusetzen.
Keine Verpflichtung zu "institutionellem Rechtsmissbrauch"
"Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, nur Bewerber in die Auswahl für eine befristet zu besetzende Stelle einzubeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass eine weitere Sachgrundbefristung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs erfüllt, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung", entschieden die Erfurter Richterinnen und Richter. Der Freistaat Bayern sei als öffentlicher Arbeitgeber nicht verpflichtet, bei der Stellenbesetzung sein Auswahlermessen auszuüben und mit dem Bewerber ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen, wenn "die naheliegende Möglichkeit besteht, dass die (weitere) Befristung (für zwei Jahre) wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam wäre".
Hätte das Land dem Bewerber eine Zusage erteilt, hätte die weitere Befristung frühestens im Mai 2024 geendet. Damit hätte das Arbeitsverhältnis seit dem 1. April 2016 und mithin insgesamt länger als acht Jahre befristet bestanden. Das wäre für den Arbeitgeber riskant gewesen, so das BAG: "In der Folge wäre allein aufgrund der Dauer der Befristung im Fall einer Befristungskontrollklage des Klägers eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, ohne dass es auf die Anzahl der Befristungen ankäme."