Bonusziele einseitig festgelegt: Arbeitgeber muss Schadensersatz zahlen

Ein Arbeitgeber macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er nicht über eine Zielvereinbarung für das Erreichen von Bonuszielen verhandelt, sondern sie stattdessen einseitig festlegt. Eine AGB, die ihm das erlaubt hätte, hielt das BAG für unwirksam.

Die variable Vergütung ermöglicht es Angestellten – abhängig von der individuellen Leistung – zusätzlich Belohnungen in Form von Tantiemen- oder Bonuszahlungen zu verdienen. Dabei müssen allerdings die Zielvorgaben stimmen. Diese waren vorliegend Gegenstand eines Streits zwischen einem Development Director für das Ressort Schiffe (Containerschiffe/Hospitalschiffe/Hotelschiffe) und seiner Arbeitgeberin, einer Schiffsholding. Der Arbeitsvertrag vom Februar 2020 sah vor, dass die Tantieme und deren Höhe abhängig vom Erreichen von Zielvorgaben sein sollte, "deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden". Die Freude am neuen Arbeitsplatz währte jedoch nur kurz: Nach Ablauf der dreimonatigen Probezeit im Juni 2020 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien.

Der Angestellte forderte die Gesellschaft auf, mit ihm über die Zielvereinbarung zu verhandeln. Die schickte ihm zwar Zielvorstellungen zu, die er aber für unangemessen hielt. Seinen Gegenvorschlag lehnte das Unternehmen ab und legte dann einseitig Ziele nach ihrem Ermessen fest. Dabei stützte es sich auf den Arbeitsvertrag. Dort hieß es im Anschluss an die zuvor zitierte Klausel: "Sollten die drei Kriterien nicht zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden, werden diese seitens der Gesellschaft nach billigem Ermessen vorgegeben." Ende 2020 reichte es dem Development Director, er kündigte. Weil das Unternehmen sich weigerte, ihm Tantiemen in Höhe von rund 97.000 Euro zu zahlen, klagte er auf Schadensersatz.

Beim ArbG drang er damit in Gänze durch. Das LAG wies einen Teil der Klage in Höhe von 14.000 Euro ab. Die Revision der Holding blieb erfolglos. Dem BAG zufolge hat sich die Firma gegenüber ihrem Angestellten schadensersatzpflichtig gemacht (Urteil vom 03.07.2024 – 10 AZR 171/23). Unstreitig sei es mit ihm für den Zeitraum vom 16. Juni bis zum 31. Dezember 2020 zu keiner Zielvereinbarung gekommen, kritisierten die Erfurter Richterinnen und Richter. Auch die Ersetzung durch einseitige Zielvorgaben war aus Sicht des BAG nicht zulässig.

AGB war verständlich, aber ungerecht

Trotz des Umstands, dass keine Zielvorgaben abgeschlossen worden seien, habe dies die Holding nicht berechtigt, dem Kläger einseitig Ziele vorzugeben. Denn § 4.2 Satz 4 des Arbeitsvertrags, der die einseitigen Zielvorgaben von der Arbeitgeberin erlaubte, halte, so das BAG weiter, einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die Regelung sei – anders als vom LAG angenommen – zwar transparent, benachteilige den Mitarbeiter aber unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB, weil durch sie die vertraglich vereinbarte Rangfolge von Zielvereinbarung und Zielvorgabe unterlaufen werde.

Zudem halte sie den Arbeitnehmer davon ab, die Ziele frei auszuhandeln. Damit habe das Unternehmen – trotz entsprechender Aufforderung des Angestellten – seine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag, mit ihm Verhandlungen über eine Zielvereinbarung zu führen und eine solche abzuschließen, schuldhaft verletzt. Dieser Umstand gehe zu ihren Lasten. Ein Verschulden treffe auch deshalb allein das Unternehmen, da es, im Widerspruch zu seiner schriftlichen Ankündigung im August 2020, dem Mitarbeiter keine Möglichkeit mehr gegeben habe, am Zustandekommen einer Zielvereinbarung mitzuwirken.

BAG, Urteil vom 03.07.2024 - 10 AZR 171/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 19. September 2024.