Baerbock: Putin tritt Grundsätze internationalen Rechts mit Füßen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Russlands Präsident Wladimir Putin wegen des Angriffs auf die Ukraine einen Krieg gegen das Völkerrecht vorgeworfen. "Putin tritt die elementarsten Grundsätze des internationalen Rechts, die alle Völker verbinden, mit Füßen", kritisierte die Grünen-Politikerin am Montag vor ihrem Flug zu Gesprächen mit Vertretern des Internationalen Strafgerichtshofes im niederländischen Den Haag. 

Rede zu Stärkung des Völkerrechts geplant

"Russlands Krieg gegen die Ukraine ist auch ein Krieg gegen das Recht", so die Ministerin weiter. Sie wolle mit ihrem Besuch deutlich machen: "Das Völkerrecht ist stark, und es ist an uns allen, ihm Geltung zu verschaffen und es gerade jetzt zu stärken." Baerbock wollte in Den Haag den Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs, Piotr Hofmanski, und anschließend Chefankläger Karim Khan treffen. Am Nachmittag wollte die Ministerin an der Haager Akademie für Völkerrecht eine Rede unter dem Titel "Stärkung des Völkerrechts in Krisenzeiten" halten. Baerbock hat unter anderem Völkerrecht studiert, eine Doktorarbeit in diesem Bereich aber nicht abgeschlossen. Zudem waren Gespräche mit Ministerpräsident Mark Rutte und ihrem Außenminister-Kollegen Wopke Hoekstra geplant.

Baerbock: Brutalität Russlands nicht zu rechtfertigen

"Streubomben auf friedliche Zivilisten, Foltergefängnisse in dunklen Kellern, die tausendfache Verschleppung ukrainischer Kinder – das völkerrechtswidrige und grausame Wüten Russlands in der Ukraine und die Brutalität des Krieges sind durch nichts zu rechtfertigen", betonte Baerbock. Den Haag stehe wie keine andere Stadt für Völkerrecht und Gerechtigkeit. "Die internationalen Gerichtshöfe dort stehen für die Zuversicht, dass wir in der Welt unsere Konflikte friedlich lösen und dass schlimmste Verbrechen geahndet werden."

Justizminister für Sondertribunal

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich für eine entschlossenere juristische Verfolgung der Verantwortlichen für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgesprochen. "Wenn es das schnellste und zielführendste Mittel ist, halte ich ein Sondertribunal für gut denkbar", teilte Buschmann am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Der russische Angriffskrieg sei klar völkerrechtswidrig. "Wer diesen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür verantworten müssen. Um das zu erreichen, müssen wir auch neue Wege denken." Für ein Sondertribunal seien mehrere Optionen denkbar. Entweder könne es sich "um ein ukrainisches Gericht, ein internationales Tribunal auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrags unter Beteiligung der Ukraine handeln", schlug er vor. "Oder es gibt eine Mischform, ein so genanntes hybrides Gericht, bei dem ein ukrainisches Gesetz einen Sondergerichtshof mit Beteiligung internationaler Richter schafft." Wichtig sei, dass ein solches Sondertribunal mit internationalen Richtern besetzt werde, "um die Unparteilichkeit für das Strafverfahren zu garantieren".

Internationaler Strafgerichtshof "idealer Platz"

Als "idealen Platz" für ein solches Verfahren bezeichnete Buschmann den Internationalen Strafgerichtshof. Dieser sei eine "historische Errungenschaft". "Ich werbe daher auch dafür, dass wir den Internationalen Strafgerichtshof weiter stärken, indem wir ihm seine Zuständigkeit im Bereich des Verbrechens der Aggression erweitern. Denn dieser wichtige Hebel fehlt ihm bislang." Allerdings sei eine dafür notwendige Änderung des Statuts des Gerichtshofs kurzfristig wahrscheinlich nicht umsetzbar.

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2023 (dpa).