Experten: Strafrechtliche Verantwortung an Kontrolle koppeln
Für die Experten ist klar: Fahrer dürfen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es beim autonomen Fahren kracht. Nach Ansicht des Deutschen Verkehrssicherheitsrats müssen sie die strafrechtliche Verantwortung nur tragen, wenn sie das automatisierte System kontrollieren können. Ähnlich sieht es der ADAC: Fahrzeugführer dürften nur belangt werden, wenn sie das Fahrzeug eigenhändig gelenkt haben oder der Aufforderung des Systems zur Kontrollübernahme nicht rechtzeitig gefolgt sind, sagte ein Sprecher.
Automobilclubs: Strafrecht muss angepasst werden
Die Verantwortung werde durch die zunehmende Automatisierung zunehmend verlagert, meint der Leiter der Rechtsabteilung des Automobilclubs ACE, Hannes Krämer. Er forderte Klarheit für die Nutzer automatisierter Fahrfunktionen: "Dem Nutzer muss klar sein, welche rechtlichen Konsequenzen drohen." Ähnlich äußerte sich der Automobilclub AvD: Das derzeit geltende Strafrecht sei angesichts fortschreitender Automatisierung von Fahrzeugen überholt, sagte ein Sprecher.
DAV sieht Verschärfung der strafrechtlichen Haftung kritisch
Bedenken meldete der Deutsche Anwaltverein (DAV) an. Eine Verschärfung der strafrechtlichen Haftung für die Hersteller könne bedeuten, "dass man mit der Berufswahl des Programmierers den ersten Fuß im Gefängnis hat", erläuterte Daniela Mielchen von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.
ADAC: Dieselfahrverbot nur als allerletzte Maßnahme
Für Diskussionen sorgte in Goslar auch das Thema Dieselfahrverbot. Der ADAC machte sich dafür stark, Verbote nur zu verhängen, wenn alle anderen Maßnahmen zur Luftreinhaltung ausgeschöpft sind. Eine mögliche Maßnahme sei eine Hardware-Nachrüstung, sagte der ADAC-Vizepräsident Verkehr, Ulrich Klaus Becker. Die Kosten dafür sollten die Hersteller tragen. "Denn wer das Dilemma verursacht hat, muss dafür aufkommen". Untersuchungen des ADAC hätten gezeigt, dass eine Nachrüstung zumindest bei Dieselfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 sinnvoll sei, sagte Becker weiter. Um die Emissionsgrenzwerte einzuhalten, sollten die Kommunen den öffentlichen Nahverkehr verbessern und ihre eigenen Fahrzeugflotten auf Elektroantrieb umstellen.
DAV: Schwerwiegender Eingriff in Grundrechte
Nach Auffassung des DAV sind Dieselfahrverbote ein schwerwiegender Eingriff in Grundrechte. Die Verbote schränkten zahlreiche Privatpersonen und Gewerbetreibende in ihrer grundgesetzlich garantierten persönlichen und beruflichen Freiheit ein, sagte Rechtsanwalt Andreas Krämer. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel erscheine zudem irrational und sei vollkommen willkürlich gewählt. Viele Arbeitsplätze hätten eine deutlich höhere Belastung.
ADAC: Umtauschprämien keine geeignete Maßnahme
Die Umtauschprämien vieler Hersteller sind nach Ansicht des ADAC keine geeignete Maßnahme. Denn finanziell weniger starke Autobesitzer könnten es sich trotzdem nicht leisten, ihren älteren Diesel durch einen neuen zu ersetzen, sagte Becker. Der ADAC forderte zudem, dass Schadstoffmessungen künftig vergleichbar sein müssen. Derzeit dürften einzelne Messstellen entweder unmittelbar neben der Fahrbahn oder im Maximalfall bis zu 25 Meter davon entfernt aufgestellt werden.
Havliza: Respekt vor der Rechtsprechung
Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza mahnte in der Debatte um Dieselfahrverbote Respekt vor der Rechtsprechung an. "Was unabhängige Gerichte entscheiden, das muss gelten", sagte die CDU-Politikerin am 24.01.2019 in Goslar. Die Exekutive müsse deshalb Urteile zu Dieselfahrverboten umsetzen, auch wenn diese politisch nicht erwünscht seien. Sie wies darauf hin, dass Niedersachsens CDU Fahrverbote als schädlich für die Wirtschaft ansehe. Die Justiz orientiere sich aber nicht an Meinungen, sondern ausschließlich am Recht, sagte die Ministerin.
Auch neuer Punktekatalog und Lkw- und Busunfälle Thema
Beim Verkehrsgerichtstag wollen rund 2.000 Experten noch bis zum 25.01.2019 unter anderem auch über den neuen Punktekatalog für Verkehrssünder und über Lkw- und Busunfälle diskutieren. Viele Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags wurden in der Vergangenheit gesetzlich verankert: so etwa das begleitete Fahren mit 17 Jahren und das Handyverbot beim Autofahren.
Wohl kein Umzug nach Leipzig
Der neu gewählte Präsident des Verkehrsgerichtstages, der Bielefelder Rechtsprofessor Ansgar Staudinger, und andere Vorstandsmitglieder ließen derweil erkennen, dass der Verkehrsgerichtstag wohl nicht nach Leipzig umziehen wird, wie es vorübergehend zur Debatte gestanden hatte. Endgültig entscheiden will der Vorstand nach einer Umfrage unter den Teilnehmern.