Ausschuss empfiehlt Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin
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© Georg Hilgemann / dpa

Dass die Bundestagswahl 2021 in Berlin richtig schlecht gelaufen ist, sehen alle Parteien im Bundestag so. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist jedoch umstritten. Nun gibt es eine Vorentscheidung für eine Wahlwiederholung. Der Wahlprüfungsausschuss hat heute mit den Stimmen der Ampel-Vertreter von SPD, Grünen und FDP beschlossen, dass in 431 Wahlbezirken der Hauptstadt die Bundestagswahl wiederholt werden soll.

Wahlwiederholung wegen erheblicher Fehler

Betroffen sind demnach 327 der 2.256 Wahlbezirke sowie 104 der 1.507 Briefwahlbezirke. Die Wiederholung soll mit Erst- und Zweitstimme erfolgen. Wiederholt werden soll die Wahl in Wahlbezirken, wo sie 2021 aufgrund von Wahlfehlern unterbrochen wurde, wo es erhebliche Verzögerungen gab oder wo Wähler wegen fehlender oder falscher Wahlzettel nicht gültig abstimmen konnten. Ein Wiederholungsgrund liegt auch vor, wenn Wahllokale noch nach 18.30 Uhr geöffnet waren. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wünschte sich eine viel weitergehende Wahlwiederholung. Über die Ausschuss-Empfehlung muss nun noch der Bundestag entscheiden, was er voraussichtlich bereits an diesem Donnerstag tun wird. Es gilt als sicher, dass er der Empfehlung zustimmen wird. 

BVerfG wird letztlich wohl entscheiden

Dieser Beschluss dürfte aber nach Einschätzung aus den Fraktionen anschließend vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten werden, so dass nicht klar ist, wann die Teilwiederholung der Wahl stattfinden wird. "Der Wunsch ist natürlich schon, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr schnell Klarheit darüber bekommen, wann und vor allem in welchem Umfang die Bundestagswahl in Berlin wiederholt wird", sagte die Ausschussvorsitzende Daniela Ludwig (CSU). Unklar sind auch die Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags. Sollte die Wahlbeteiligung bei der Teilwiederholung niedrig sein, könnte dies zur Folge haben, dass weniger Abgeordnete aus Berlin im Bundestag vertreten sein werden.

Chaos bei der Wahl in Berlin

Die Bundestagswahl am 26.09.2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend geschlossen werden mussten. Vielerorts blieben die Wahllokale bis weit nach 18 Uhr geöffnet, um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen. Die Verwaltung war heillos überfordert, weil parallel zum Bundestag auch das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt wurden. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Der zeitgleich ausgetragene Berlin-Marathon erschwerte den Wahlhelfern die Arbeit, etwa das Nachliefern von Wahlzetteln, weil viele Straßen gesperrt waren. Bundeswahlleiter Georg Thiel sah später ein "komplettes systematisches Versagen der Wahlorganisation" in Berlin und legte einen Einspruch gegen die Wahl ein. Er verlangte, diese in sechs der zwölf Wahlkreise komplett zu wiederholen.

Union kritisiert Vorschlag als unzureichend

"Wir sagen, nur dort, wo die Wahlfehler tatsächlich stattgefunden haben, wo wir also belegen können, dass Stimmzettel gefehlt haben, dass lange Warteschlangen waren, nur dort wollen wir neu wählen", sagte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. Er wies zugleich darauf hin, dass sich die 431 Wahlbezirke, in denen erneut gewählt werden soll, auf alle zwölf Wahlkreise im Land Berlin erstrecken. Dies gehe über den Vorschlag des Bundeswahlleiters hinaus. Fechner betonte, die Entscheidung sei erfolgt "ohne auf Umfragen zu schielen oder zu erwägen, welcher Partei wohl die Neuwahl nützlich sein könnte". Dagegen bezeichnete es der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Patrick Schnieder (CDU), als "vollkommen unangemessen, wie dieses Verfahren politisiert worden ist". Die Ampel-Fraktionen hätten die juristischen Rädchen so bewegt, dass das Ergebnis politisch passe. "Nämlich, dass am Ende so gut wie nichts passieren kann in diesen Neuwahlen." Die Union wollte, dass in insgesamt rund 1.200 und nicht nur in 431 Wahlbezirken nachgewählt wird. Der von den Ampel-Fraktionen gefasste Beschluss sei absolut nicht ausreichend, sagte Schnieder. "Das ist vielleicht als homöopathische Dosis, vielleicht auch nur als Kosmetik zu bezeichnen."

Gitta Kharraz, 8. November 2022 (dpa).