Auslieferung an China durch Hongkong kann auch Ausländer betreffen

Das umstrittene Gesetz für Auslieferungen von Hongkong nach China kann auch Ausländer betreffen. "Jeder, der über den Hongkonger Flughafen kommt, könnte festgenommen werden und nach China geschickt werden", warnte der renommierte China-Experte und Jurist, Jerome Cohen, am 12.06.2019 in seinem Blog. "Es sind nicht nur die Hongkonger, deren Schicksal hier auf dem Spiel steht."

Länder müssten Auslieferungsabkommen mit Hongkong ändern

Das Gesetz würde Hongkongs Behörden erlauben, von Chinas Justiz verdächtigte Personen auszuliefern. Der US-Jurist sah Auswirkungen auch auf andere Länder: "Selbst Personen, die durch eine dritte Jurisdiktion nach Hongkong ausgeliefert werden, könnten nach China weiter überstellt werden." Um das zu verhindern, müssten die Länder ihr Auslieferungsabkommen mit Hongkong ändern. Deutschland hat mit Hongkong eine Auslieferungsvereinbarung, aber nicht mit China.

China könnte Überstellung beantragen

Wenn also beispielsweise Deutschland als Drittland einen mutmaßlichen Straftäter nach Hongkong ausliefert, könnte China die Überstellung beantragen, weil er vielleicht auch in China wegen etwas anderem angeklagt werden soll. Will Deutschland das nicht, müsste das eigens in der bestehenden Auslieferungsvereinbarung festgehalten werden.

Oftmals kein rechtzeitiger Zugang zu Anwalt

Cohen, ein Kenner des chinesischen Justizsystems, wies auf große Defizite und Missbrauch in China hin. "Selbst formelle, autorisierte Festnahmen sind häufig von physischer und mentaler Folter gekennzeichnet, die oft dazu führt, dass Verdächtigte im Fernsehen «gestehen», noch bevor sie angeklagt sind." Vielfach werde ein rechtzeitiger Zugang zu einem Anwalt oder überhaupt ein juristischer Beistand freier Wahl verweigert.

Haftbedingungen häufig abscheulich

"Prozesse in heiklen Fällen sind normalerweise eine Farce", sagte Cohen. "Haftbedingungen sind häufig abscheulich." Das führe dazu, dass einige Beschuldigte ein Geständnis abgeben, um besser untergebracht zu werden. "Menschenrechtsanwälte bekommen häufig die Lizenz entzogen, werden inhaftiert oder anderweitig kaltgestellt."

Redaktion beck-aktuell, 12. Juni 2019 (dpa).

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