Das Internationale Auschwitz-Komitee hat der deutschen Justiz jahrzehntelanges Versagen bei der Verfolgung von NS-Verbrechern vorgeworfen. Dass Täter erst jetzt zur Verantwortung gezogen würden, sei "ein Versagen und ein Versäumnis der deutschen Justiz, das sich über Jahrzehnte erstreckt hat", sagte der Vizepräsident des Komitees Christoph Heubner am 16.02.2021 gegenüber den Zeitungen der "Funke Mediengruppe".
Große Belastung für Überlebende
"Zu wissen, dass die Täter aus den Lagern zumeist unbehelligt und ungefährdet ihr Leben leben konnten, ohne für ihre Untaten Rechenschaft vor einem deutschen Gericht ablegen zu müssen, hat die Überlebenden ihr ganzes Leben belastet", so Heubner weiter.
Hintergrund: Zwei neue Anklagen
Anlass der Kritik sind Anklagen, die Anfang Februar gegen einen 100-jährigen ehemaligen Wachmann des Konzentrationslagers Sachsenhausen und gegen eine 95-jährige ehemalige Sekretärin des KZ Stutthof erhoben worden waren. Sie seien Teil des Räderwerks der Deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager gewesen, sagte
Heubner. Die Anklagen wurden von den Staatsanwaltschaften Neuruppin in Brandenburg und Itzehoe in Schleswig-Holstein erhoben. Den Überlebenden gehe es nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit – und die habe kein Verfallsdatum. "Und deshalb sind diese Prozesse noch immer wichtig, auch wenn mittlerweile die Täter und die überlebenden Opfer ein hohes Alter erreicht haben."
Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2021 (dpa).
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Papier/Möller, Die rechtsstaatliche Bewältigung von Regime-Unrecht nach 1945 und nach 1989,
NJW 1999, 3289
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