Aufteilung der CO2-Kosten im Wohnungsmarkt bleibt strittig

Bei einer Anhörung im Bauausschuss am 27.09.2022 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz von den Sachverständigen überwiegend skeptisch beurteilt. Kritik gab es insbesondere an der geplanten Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter und Vermieter, die sich nach dem Heizverhalten richten soll. Mehrfach war auch die Forderung nach Aussetzung der CO2-Bepreisung auf Wärmeenergie zu hören.

Stufenmodell zur Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter und Vermieter

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ab 2023 die Kosten des Kohlendioxidausstoßes aufgrund von Heizung und Warmwasser in Gebäuden zwischen Vermietern und Mietern aufgeteilt werden müssen, und zwar abgestuft entsprechend dem Kohlendioxidausstoß pro Quadratmeter Wohnfläche und damit entsprechend der energetischen Qualität des Gebäudes. Auf Vermieterseite will die Regierung dadurch einen Anreiz schaffen, in klimaschonende Heizungssysteme und energetische Sanierungen zu investieren. Die Mieterseite soll motiviert werden, sich energieeffizient zu verhalten. Konkret sieht der Entwurf des Kohlendioxidaufteilungsgesetzes ein Stufenmodell für die Aufteilung vor. Die Regelungen sollen unbefristet gelten, spätestens zum Ablauf der Festpreisphase des Brennstoffemissionshandelsgesetzes Ende 2025 um ein Stufenmodell für Nichtwohngebäude ergänzt und bis zum 30.09.2026 evaluiert werden, heißt es in der Vorlage. Die erforderliche Datengrundlage soll bis Ende 2024 erarbeitet werden.

Mieterverein sieht Benachteiligung für Mieter in Bestandsbauten

Tim Bagner vom Deutschen Städtetag begrüßte den Gesetzentwurf, meinte aber auch, das Thema der Gebäudeeffizienz hätte noch in den Blick genommen werden müssen. Wichtig sei für die Kommunen, beim Gebäude- und Wohnungsregister voranzukommen, um Sanierungsmaßnahmen voranzubringen. Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, betonte, Einsparungen erreiche man nicht durch eine Änderung des Verbrauchsverhaltens, sondern durch den Umstieg auf erneuerbare Energieträger. In Deutschland seien rund 64% aller Wohngebäude vor 1979 errichtet worden. Gerade diese Bestandsbauten verbrauchten am meisten Energie. 66% aller Häuser aus dieser Zeit wiesen die schlechtesten Energieklassen F, G oder H auf. Im vorgelegten Stufenmodell müssten 80% der Mieter künftig mehr als die Hälfte der CO2-Bepreisung tragen. Damit sei das Modell für die Mieter überwiegend schlechter als die im Koalitionsvertrag vorgesehene hälftige Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern.

Verbraucherzentrale kritisiert Stufeneinteilung nach Heizverhalten

Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßte den Gesetzentwurf, diagnostizierte aber einige Schwächen. Nach dem Stufenmodell müsse der Mieter auch bei der schlechtesten Stufe noch 10% der CO2-Kosten tragen. Hier sollten die Vermieter 100% übernehmen, so Engelke. Auch sollte transparent gemacht werden, wie die einzelnen Stufen errechnet wurden. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Stufeneinteilung allein vom Heizverhalten abhängig sein soll. Die Zuweisung eines Gebäudes in eine höhere, energieärmere Stufe führe zu einer höheren Kostenbeteiligung der Mieter. Engelke plädierte für den Energiebedarfsausweis als Bemessungsgrundlage, bis dahin sollten die Kosten hälftig zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. Mehrere Experten plädierten, den Energiebedarfsausweis als Grundlage zu nehmen und die Evaluierung zeitlich vorzuziehen. 20% der Gebäude seien denkmalgeschützt mit einem hohen Aufwand für die Instandhaltung. Hier entstünden die meisten Sanierungskosten. Dämmung oder Solarstrom seien hier kaum möglich.

Aussetzung der CO2-Bepreisung auf Wärmeenergie angeregt

Dirk Salewski, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, plädierte für die Aussetzung der CO2-Bepreisung auf Wärmeenergie für Gebäude. Durch die hohen Gaspreise sei Energie bereits so teuer geworden, dass die Lenkungswirkung der zusätzlichen CO2-Bepreisung für fossile Wärmeenergie keine Wirkung mehr habe. Der Gesetzentwurf sollte nach Meinung Salewskis grundlegend überarbeitet werden. Kai H. Warnecke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, sagte, der CO2-Preis solle lenken und nicht die Menschen arm machen. Für private Vermieter klinge es wie Hohn, dass ihre zusätzliche Belastung dazu führen soll, in die Gebäudesanierung zu investieren. In Eigentümergemeinschaften könne der einzelne Wohnungseigentümer über eine Sanierung nicht selbst entscheiden. Die meisten Bestandsgebäude würden nie die höchste Effizienzstufe erreichen. Warnecke hält es nach eigenen Worten für sinnvoll, in der jetzigen Situation den CO2-Preis auszusetzen.

Mieterbund: Zusätzliche Belastung der Mieter ist unverständlich

Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, sagte, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Staat die Mieter in dieser Situation zusätzlich belaste. Da sie bisher hundert Prozent des CO2-Preises zahlen müssten, sei es zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch gebe es Verbesserungsbedarf bei der Transparenz und Praktikabilität. Sie erinnerte daran, dass über die CO2-Bepreisung vor dem Ukraine-Krieg diskutiert worden sei. Wenn es nicht gelinge, die Mieter ausreichend zu entlasten, sollte das Instrument ausgesetzt werden, befand sie. Der Gesetzgeber sollte die Verteilungswirkung nochmals überprüfen.

Redaktion beck-aktuell, 27. September 2022.