Asylrecht: Neue Richtervereinigung stellt ihren "Masterplan" vor

Im Einklang mit dem Koalitionsvertrag fordern die Innenminister der Union, dass die Asylanträge schneller bearbeitet und die Gerichte schneller über Klagen abgelehnter Asylbewerber entscheiden. Vor dem Hintergrund der Diskussion um Anker-Zentren, BAMF-"Affäre", Familiennachzug und Masterpläne hat sich die Fachgruppe Verwaltungsrecht der Neuen Richtervereinigung (NRV) auf ihrer Sitzung am 15.06.2018 in Fulda mit der Frage beschäftigt, welche gesetzgeberischen Maßnahmen noch folgen sollten, welche Vorschläge es hierzu gibt und welche praktischen Maßnahmen sich empfehlen, um die Abläufe im gerichtlichen Verfahren zu beschleunigen und die Entscheidungspraxis zu vereinheitlichen. Sie hat dazu einen eigenen Masterplan vorgelegt.

Keine weitere Beschleunigung bei gesetzlicher Ausgestaltung des Asylprozesses

Die NRV betont zunächst, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Asylprozesses aus ihrer Sicht keine weitere Beschleunigung verträgt. Das bestehende Asylprozessrecht habe sich seit dem "Asylkompromiss“ Anfang der 1990er Jahre vom regulären Verwaltungsprozess weit entfernt. Die Asylsuchenden würden zu Klägern zweiter Klasse degradiert, moniert die Richtervereinigung. Obwohl fremd in Sprache und Kultur, gölten gerade für sie erhöhte Mitwirkungspflichten bei gleichzeitig kürzeren Fristen für die zudem außerordentlich beschränkten Rechtsmittelmöglichkeiten.

Vereinheitlichung der Rechtsprechung gefordert

Außerdem fordert die NRV in ihrem Masterplan, dass weitere gesetzgeberische Maßnahmen der Vereinheitlichung der Rechtsprechung dienen müssten. Denn nicht nur die Gerichte gleicher Instanz, sondern auch die Kammern desselben Gerichts träfen divergierende Entscheidungen – aufgrund des Einzelrichterprinzips manchmal sogar innerhalb derselben Kammer. Rechtsschutz würde so zur Lotterie, so die Richtervereinigung.

Bestimmung "unsicherer Bürgerkriegsländer" statt "sicherer Herkunftsländer"

Auch schlägt die NRV vor, dass statt "sicherer Herkunftsländer" "unsichere Bürgerkriegsländer“ bestimmt werden. Statt Bürgerkriegsflüchtlinge durch ein langwieriges Asylverfahren zu schicken, könnte ihnen als einmalige Maßnahme ein humanitärer Aufenthaltsstatus angeboten werden. Dieser Status müsste so attraktiv sein, dass auf die Stellung eines Asylantrages verzichtet werden könne, also insbesondere mit einer gewissen Freizügigkeit und einer Arbeitserlaubnis verbunden sein.

Personellen Engpässen durch Abordnungen begegnen

Die NRV spricht sich in ihrem Masterplan auch dafür aus, die sich mit Blick auf das Asylrecht ergebenden personellen Engpässe bei den Verwaltungsgerichten durch Versetzungen und Abordnungen abzufedern. Dies habe den Vorteil, dass sich auch ältere, berufserfahrene Richter gewinnen ließen. Bei einer Abordnung könnten sie nach einer zeitlich begrenzten Tätigkeit an ihr Stammgericht zurückkehren. Die berechtigte Frage, ob man die neu eingestellten Richter nach Abbau des "Asylberges“ noch sinnvoll beschäftigen könne, würde sich nicht stellen und der Landeshaushalt nicht unnötig belastet, so die NRV.

Richter durch Schaffung von Assistenzstellen entlasten

Ferner seien Richter, so eine weitere Forderung der NRV, durch die Schaffung von Assistenzstellen und die Stärkung des Servicebereiches zu entlasten. Die Vereinigung verweist dazu auf Niedersachsen und Hamburg, die für die Verwaltungsgerichte wissenschaftlich qualifizierte Mitarbeiter eingestellt haben. Diese könnten die Asylrichter insbesondere bei der Recherche von Rechtsprechung und Tatsachenmaterial, der Einholung von Auskünften und der Zusammenstellung von Erkenntnismittellisten unterstützen. Die Richterschaft würde von diesen zeitraubenden Vorbereitungsarbeiten entlastet und könnte sich auf ihr Kerngeschäft, nämlich die Entscheidungsfindung, konzentrieren.

Bremer BAMF-"Affäre“ als Chance für Qualitätsdiskussion

Anlässlich der bekannt gewordenen Affäre bei der Bremer BAMF-Außenstelle hat die NRV außerdem festgehalten, das die Diskussion um Qualität und Quantität, um Effizienz, Erledigungsdruck und den Einsatz qualifizierten Personals im BAMF jetzt wenigstens eröffnet ist. Auch seien die Sachentscheidungsebene und Prozessabteilung des BAMF zu ertüchtigen, heißt es weiter im NRV-Masterplan.

Redaktion beck-aktuell, 20. Juni 2018.

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