Architekt haftet nicht für entgangene steuerliche Vergünstigungen

Ein Bauherr kann von seinem Architekten bei unvollständiger Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. Zwar hätte der Architekt in dem Fall über denkmalschutzrechtliche Genehmigungserfordernisse aufklären müssen. Steuerschäden seien aber nicht vom Schutzzweck dieser Verpflichtung erfasst, so das OLG.

Rund 5.000 Euro verloren

Die beklagten Bauherren beabsichtigten die Sanierung einer Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend und beauftragten einen Architekten. Dieser klagte vor dem Landgericht ausstehendes Honorar ein. Die Auftraggeber beriefen sich hingegen auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung (§ 7 h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der unrichtigen Aufklärung ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden. Das LG sprach dem Architekten ausstehendes Honorar zu und wies den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen ab. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Pflichtwidrig nicht über Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, so das OLG. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Schutzzweckzusammenhang fehlt

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für die Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liege hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens; insbesondere solle sie den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn wahrzunehmen.

Einschätzung der Realisierungschancen

Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. "Sie zielt – jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände – nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen", betonte das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein "Reflex der Genehmigung".

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.04.2022 - 29 U 185/20

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2022.