Architekt nicht zu Vertretung in Widerspruchsverfahren berechtigt

Wird eine von einem Architekten für die Eigentümer eines Grundstücks gestellte Bauvoranfrage abgelehnt, so ist der Architekt nicht berechtigt, die Grundstückseigentümer in einem anschließenden Widerspruchsverfahren zu vertreten. Dies würde vielmehr eine unerlaubte Rechtsdienstleistung darstellen, so das Oberlandesgericht Koblenz. Denn die Vertretung im Widerspruchsverfahren mache eine rechtliche Prüfung des konkreten Sachverhaltes erforderlich, die über eine rein schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht.

Berufsständische Organisation fordert Unterlassung

Die Beklagte, eine Architektin, war und ist weder als Rechtsanwältin zugelassen noch wurde ihr auf sonstige Art und Weise das Recht eingeräumt, außergerichtlich Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Im Jahr 2015 hatte sie für die Eigentümer eines Grundstücks eine Bauvoranfrage gestellt, die negativ beschieden wurde. Gegen diesen Bescheid hatte sie sodann namens der Grundstückseigentümer Widerspruch eingelegt und diese im Widerspruchsverfahren vertreten. Unter anderem diese Tätigkeit im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin, eine berufsständische Organisation der Rechtsanwaltschaft, zum Anlass genommen, die Beklagte wegen unerlaubter Rechtsdienstleistung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.

Vertretung im Widerspruchsverfahren keine Nebenleistung

Das Landgericht Koblenz gab der Klage in vollem Umfang statt. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein und machte geltend, dass die beanstandete Rechtsdienstleistung eine zu ihrem Berufs- und Tätigkeitsgebiet gehörende Nebenleistung und daher nach § 5 RDG erlaubt sei. Dieser Einschätzung erteilte das OLG eine Absage. Eine erlaubte Nebenleistung nach § 5 RDG liege nicht mehr vor, wenn die Tätigkeit eine Rechtsprüfung erforderlich mache, die über eine rein schematische Rechtsanwendung hinausgehe. So verhalte es sich hier. Die Vertretung im Widerspruchsverfahren habe die Prüfung individueller, einzelfallbezogener Ansprüche erforderlich gemacht und sei daher nicht mehr als Nebenleistung eines Architekten zu qualifizieren.

Nur fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn

Das Berufsbild des Architekten umfasse die fachliche, technische Begleitung und beschränke sich im Bereich der Rechtsberatung auf eine fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn. Eine Vertretung im Widerspruchsverfahren gehe hierüber deutlich hinaus, weil dies nicht nur die Kenntnis bautechnischer und baurechtlicher Vorschriften voraussetze, sondern auch das übrige öffentliche Recht und das – auf das Widerspruchsverfahren in weiten Teilen entsprechend anwendbare – Verwaltungsprozessrecht beherrscht werden müsse.

Berufsausübungsfreiheit nicht verletzt

Der Architekt werde durch diese Begrenzung seiner Tätigkeit auch nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit verletzt (Art. 12 Abs. 1 GG). Zum einen sei allenfalls der Randbereich der Berufsausübung berührt. Zum anderen sei die Einschränkung seines Tätigkeitsfeldes zum Schutz des Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen hinreichend gerechtfertigt.

OLG Koblenz, Beschluss vom 04.12.2019 - 9 U 1067/19

Redaktion beck-aktuell, 24. Juni 2020.