Beachtung formeller Anforderungen
Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung bei Gericht eingehen, andernfalls ist die Kündigung rechtswirksam. Der Eingang kann mittlerweile auch im elektronischem Rechtsverkehr erfolgen. Allerdings müssten dabei formelle Anforderungen genau beachtet werden, heißt es in einer Mitteilung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zum Urteil des ArbG Lübeck. Diese würden sich für die Arbeitsgerichtsbarkeit aus § 46c ArbGG in Verbindung mit der für alle Gerichtsbarkeiten bundesweit geltenden Rechtsverordnung ERVV und den Bekanntmachungen ERVB 2018 und 2019 ergeben.
Erster Schriftsatz enthielt nicht eingebettete Schriften
Der Klägervertreter hatte im konkreten Fall die Kündigungsschutzklage rechtzeitig über sein besonderes Anwaltspostfach (beA) eingereicht. Die bei Gericht eingegangene Schriftsatzdatei war aber gemäß § 46c Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV und mit Ziff. 1 ERVB 2019 unwirksam, weil die pdf-Datei zu ihrer Darstellung Schriftarten (fonts) benötigte, die nicht in der Datei selbst enthalten waren, sondern von dem jeweils darstellenden Rechner bezogen werden mussten (sogenannte "nicht eingebettete Schriften"). Dies fiel allerdings bis kurz vor dem Kammertermin acht Monate später weder dem Gericht noch der Gegenseite auf. Auf den dann erst erfolgten Hinweis des Gerichts hin reichte der Klägervertreter den Klageschriftsatz noch am gleichen Tag erneut per beA ein, diesmal formell ordnungsgemäß. Gleichzeitig versicherte er in einer getrennten Datei die inhaltliche Übereinstimmung der beiden Klageschriftsätze rechtsanwaltlich und eidesstattlich.
Schrift gilt als innerhalb der Dreiwochenfrist eingegangen
Damit gilt nach Ansicht des ArbG der später eingereichte Schriftsatz als zum Zeitpunkt der ursprünglichen Klageeinreichung und damit als innerhalb der Dreiwochenfrist eingegangen. Die Klage gilt nach Ansicht des Gerichts als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, wenn der Kläger diese unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und zudem glaubhaft gemacht hat, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. Die Unverzüglichkeit beziehe sich hier allein auf die einreichende Partei. Es komme nicht darauf an, ob das Gericht seinerseits unverzüglich seiner Mitteilungspflicht gemäß § 46c Abs. 6 Satz 1 ArbGG nachgekommen ist. Dabei erfülle die taggleiche Korrektur seitens der einreichenden Partei in jedem Fall die Voraussetzung der Unverzüglichkeit. Für die Glaubhaftmachung sei ein separates ordnungsgemäß eingereichtes Dokument (Pdf-Datei, durchsuchbar, mit eingebetteten Schriften) sowie eine anwaltliche Versicherung in Bezug auf die Identität ausreichend.
Objektiver Maßstab für technische Anforderungen
Für die technischen Anforderungen an die ordnungsgemäße elektronische Einreichung gelte ein objektiver durch die ERVB bestimmter Maßstab. Die Frage der Eignung des elektronischen Dokuments für die Bearbeitung durch das Gericht gemäß § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG hänge nicht von der subjektiven Geeignetheit für die Gerichtsbarkeit oder für die entscheidende Kammer ab. Die ERVB 2019 sei mit der ERVB 2018 vereinbar, da sie die dort geregelte Verbindlichkeit zulässiger Dateiformate bis zum 31.12.2020 nicht unterlaufe. Die ERVB 2019 verstoße nicht gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, da die Einschränkung des Zugangs zu den Gerichten durch das Standardisierungsinteresse gerechtfertigt sei und in § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG eine niedrigschwellige Möglichkeit für die Parteien existiere, einen Formatfehler folgenlos zu korrigieren.