Der deutsche Prothesenhersteller Ottobock SE & Co KGaA hat beim ArbG Göttingen einen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gemäß § 103 BetrVG gestellt. Der Vorwurf: Das Betriebsratsmitglied habe dem Betriebsbeauftragten der IG Metall unbefugten Zugang zum sensiblen Bereich SuitX gewährt und damit gegen Geheimhaltungspflichten verstoßen.
SuitX, ein Bereich von Ottobock, ist auf die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb passiver Exoskelette spezialisiert, die darauf abzielen, die Gesundheit von Arbeiterinnen und Arbeitern unter ergonomisch ungünstigen Bedingungen zu schützen. Der Zugang zu diesem Bereich ist durch strikte Zutrittskontrollen geregelt; die Belegschaft darf zwar eintreten, aber keine Fotos machen, externe Dritte haben keinen Zutritt.
Laut dem Unternehmen soll das Betriebsratsmitglied im Juni 2024 den IG-Metall-Beauftragten mit in den SuitX-Bereich genommen und dort mit ihm Kaffee getrunken haben. Dabei sollen die beiden über die Exoskelette sowie geplante Umstrukturierungen gesprochen haben. Ottobock betrachtet dies als schwerwiegende Pflichtverletzung, insbesondere da das Gespräch im Sichtbereich mehrerer Prototypen stattgefunden haben soll. Das Betriebsratsmitglied, dem jetzt gekündigt werden soll, hat sich nach Angaben des Gerichts noch nicht geäußert.
Gemäß § 15 KSchG ist die ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern nicht zulässig. Eine außerordentliche Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB möglich und erfordert die Zustimmung des Betriebsrats. Da dieser die Zustimmung verweigert hat, hat Ottobock nun beim ArbG einen Antrag auf Ersetzung dieser Zustimmung gestellt (§ 103 Abs. 2 BetrVG). Das Arbeitsgericht wird nun prüfen, ob die erhobenen Vorwürfe ausreichen, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Güteverhandlung ist für den 6. November angesetzt (Az. 3 BV 6/24).