Kurierfahrern durfte nach Teilnahme an »wildem« Streik gekündigt werden

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigungsschutzklagen von drei Fahrradkurierfahrerinnen und -fahrern abgewiesen, denen aufgrund ihrer Teilnahme an einem wilden – also nicht von einer Gewerkschaft organisierten – Streik gekündigt worden war. Das Gericht hat in zwei Fällen die außerordentlichen, fristlosen Kündigungen für wirksam erachtet. Im dritten Fall hat es festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern nach Ablauf einer Zwei-Wochen-Frist geendet hat.

Kurierfahrer nach Teilnahme an nicht gewerkschaftlich organisiertem Streik entlassen

Die Arbeitgeberin – ein Fahrradkurierdienst – hatte den klagenden Mitarbeitern vorgeworfen, sich an einem viertägigen „wilden“ Streik beteiligt zu haben. Weil die Mitarbeiter sich weigerten, die Arbeit wieder aufzunehmen, kündigte sie die Arbeitsverhältnisse außerordentlich und fristlos. Die Kuriere sind der Auffassung, dass auch die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung darstellt, und berufen sich unter anderem auf die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die Koalitionsfreiheit schütze auch Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten. Das Arbeitsgericht erachtete in seinen Urteilen vom 06.04.2022 zwei der außerordentlichen Kündigungen für wirksam (Az.: 20 Ca 10257/21; 20 Ca 10258/21; 20 Ca 10259/21).

ArbG weist Klagen ab: Teilnahme an »wildem Streik« nicht rechtmäßig

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Teilnahme an einem Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn dieser von einer Gewerkschaft getragen werde. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines weiteren Klägers hielt das Gericht für unwirksam, da bei diesem die Arbeitsverweigerung nicht hinreichend habe festgestellt werden können. Der Kläger sei in der Zeit des Streiks zu Abendschichten eingeteilt gewesen, die er aufgrund der Schließung eines Warehouses nicht habe wahrnehmen können. Da der Kläger seit weniger als sechs Monaten bei dem Lieferdienst beschäftigt gewesen sei und das Kündigungsschutzgesetz daher keine Anwendung finde, sei das Arbeitsverhältnis jedoch mit einer Zwei-Wochen-Frist im Rahmen der Probezeit beendet. Es liege auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB vor.

ArbG Berlin, Urteil vom 06.04.2022 - 20 Ca 10257/21

Redaktion beck-aktuell, 7. April 2022.