Kurierfahrer nach Teilnahme an nicht gewerkschaftlich organisiertem Streik entlassen
Die Arbeitgeberin – ein Fahrradkurierdienst – hatte den klagenden Mitarbeitern vorgeworfen, sich an einem viertägigen „wilden“ Streik beteiligt zu haben. Weil die Mitarbeiter sich weigerten, die Arbeit wieder aufzunehmen, kündigte sie die Arbeitsverhältnisse außerordentlich und fristlos. Die Kuriere sind der Auffassung, dass auch die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung darstellt, und berufen sich unter anderem auf die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die Koalitionsfreiheit schütze auch Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten. Das Arbeitsgericht erachtete in seinen Urteilen vom 06.04.2022 zwei der außerordentlichen Kündigungen für wirksam (Az.: 20 Ca 10257/21; 20 Ca 10258/21; 20 Ca 10259/21).
ArbG weist Klagen ab: Teilnahme an »wildem Streik« nicht rechtmäßig
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Teilnahme an einem Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn dieser von einer Gewerkschaft getragen werde. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines weiteren Klägers hielt das Gericht für unwirksam, da bei diesem die Arbeitsverweigerung nicht hinreichend habe festgestellt werden können. Der Kläger sei in der Zeit des Streiks zu Abendschichten eingeteilt gewesen, die er aufgrund der Schließung eines Warehouses nicht habe wahrnehmen können. Da der Kläger seit weniger als sechs Monaten bei dem Lieferdienst beschäftigt gewesen sei und das Kündigungsschutzgesetz daher keine Anwendung finde, sei das Arbeitsverhältnis jedoch mit einer Zwei-Wochen-Frist im Rahmen der Probezeit beendet. Es liege auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB vor.