Differenzierende Anwendung ökonomischer Erkenntnisse in Kartellrechtspraxis
Thema war laut BKartA unter anderem, wie Erkenntnisse aus der Industrieökonomie für die Entscheidungspraxis fruchtbar gemacht werden können. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Innovationen in der Prüfung verschiedene Rollen spielen können, etwa innerhalb von Schadenstheorien, aber auch als marktmachtrelativierender Faktor oder bei der Prüfung der Effizienz einer Fusion oder Kooperation. Innovationsprozesse seien grundsätzlich mit erheblicher Unsicherheit behaftet, quantitative Prüfungsansätze daher schwierig anwendbar. Viele Teilnehmer hätten sich dafür ausgesprochen, in Bezug auf Innovationswettbewerb keine Verallgemeinerung ökonomischer Erkenntnisse anzustreben, sondern innerhalb der Kartellrechtspraxis ausgehend von einzelfallbezogenen Sachverhaltsaufklärungen eine differenzierende Systematik für verschiedene Branchen und Verfahrensarten zu etablieren.
Kartellrechtliche Prüfung nicht auf kurzfristige Preiseffekte beschränken
Intensiv diskutiert wurde dem BKartA zufolge, inwieweit bei noch in Entwicklung befindlichen Produkten der Bezug zu einem konkreten Schaden für den Wettbewerb hergestellt werden könne, um diese in der kartellrechtlichen Prüfung adäquat zu berücksichtigen. Der Schutz des Innovationswettbewerbs und die damit verbundene langfristige Sicherung von Produktvielfalt (consumer choice) seien in vielen Fällen mindestens genauso bedeutend wie der Schutz kurzfristigen Preiswettbewerbs. Zudem seien Ansätze angesprochen worden, auf deren Basis die optimale Interventionsneigung einer Wettbewerbsbehörde diskutiert werden könne. Hierbei gelte es im Einzelfall zwischen rechtzeitigem behördlichem Eingreifen zum Schutz des Wettbewerbsprozesses und freier Entwicklung der Marktdynamik abzuwägen, um einen fairen Wettbewerb zu sichern.