Anwaltverein wirft Dobrindt Schwächung des Rechtsstaats vor

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gerät nach seinen umstrittenen Aussagen in der Asyldebatte unter Druck. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warf ihm vor, den Rechtsstaat auszuhöhlen. Scharfe Kritik kam auch von SPD und Grünen. Dobrindt hatte der "Bild am Sonntag" mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen gesagt, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. Er hatte von einer "aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie" gesprochen.

DAV-Präsident: Klagerecht Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit

DAV-Präsident Ulrich Schellenberg sagte der Deutschen Presse-Agentur daraufhin: "Das Einlegen von Rechtsmitteln und das Erheben von Klagen steht jedem im Rahmen der geltenden Gesetze zu. Gerade das macht den Rechtsstaat aus. Mit seinen Aussagen schwächt Herr Dobrindt den Rechtsstaat und stärkt ihn nicht." Auch der politische Wille müsse sich an den bestehenden Gesetzen orientieren. "In Deutschland haben eben die Gerichte das letzte Wort und nicht die Politik, wer das nicht akzeptieren will, hat das Wesen des Rechtsstaates nicht verstanden."

Unionsfraktionschefs wollen bei Treffen über Flüchtlings- und Migrationspolitik debattieren

Am 07.05.2018 treffen sich die Unionsfraktionschefs aus Bund und Ländern in Frankfurt am Main. Eines der wichtigsten Themen der Konferenz ist die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Erwartet wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im baden-württembergischen Ellwangen hatten vor einer Woche 150 bis 200 Flüchtlinge – einige von ihnen gewaltsam – verhindert, dass die Polizei einen Mann aus Togo aus einer Flüchtlingsunterkunft abholen konnte. Der 23-Jährige wurde bei einem Großeinsatz wenige Tage später doch noch gefasst, sitzt nun in Abschiebehaft und wehrt sich mit rechtlichen Mitteln. Er soll nach Italien abgeschoben werden.

Kritik an Dobrindts Äußerungen auch von SPD und Grünen

Auch SPD und Grüne attackierten Dobrindt wegen seiner Aussagen. Der CSU-Politiker betreibe eine "Politik der Spaltung" und sei im bayerischen Landtagswahlkampf offenkundig "bereit, das geistige Volumen eines Donald Trump vollstens auszufüllen", sagte Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher der "Welt" (Ausgabe vom 07.05.2018). Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sagte der Zeitung, Dobrindt betreibe den "verzweifelten Versuch, einige AfD-Wähler zurückzuholen". Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 07.05.2018): "Statt Probleme wirklich anzupacken, macht Herr Dobrindt mit plumpen AfD-Sprüchen Bayern-Wahlkampf." Wenn sich Anwälte und Bürgerinitiativen für die Einhaltung von rechtsstaatlichen Grundsätzen und Humanität einsetzten, dann hielten sie die Rechtsordnung hoch.

SPD stellt Forderungen an Seehofer

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, ein Konzept vorzulegen, um einen erneuten Vorfall wie in Ellwangen zu verhindern. Man brauche "ein schlüssiges Konzept, das verhindert, dass die Menschen dort ohne Perspektiven und ohne sinnvolle Beschäftigung sich selbst überlassen werden", sagte Klingbeil der "Heilbronner Stimme" (Ausgabe vom 07.05.2018). Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) forderte von Seehofer, die Pläne für die Asyl- und Abschiebezentren zu konkretisieren. Seehofer sollte die Länder und Kommunen eng einbinden, sagte Pistorius der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 07.05.2018). "Das ist bislang nicht passiert."

Ankerzentren für nicht als Flüchtling Anerkannte geplant

Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll aus den sogenannten Ankerzentren bald direkt abgeschoben werden können. Bislang haben allerdings erst wenige Bundesländer Interesse signalisiert, am Pilotprojekt zu den Ankerzentren teilzunehmen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte ein Sicherheitskonzept mit strengen Auflagen für die Zentren. Es müsse eine umfassende Überwachung durch Videokameras geben, sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Ausgabe vom 07.05.2018).

Steinmeier: Vorgänge in Ellwangen kein Staatsversagen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte nach den Vorgängen in Ellwangen gemahnt, den Bürgern kein Versagen des Staats einzureden. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) schloss sich dem an. "Das Gerede vom Staatsversagen ist wirklich verantwortungsloses Geschwätz", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Ausgabe vom 07.5.2018).

Redaktion beck-aktuell, 7. Mai 2018 (dpa).

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