Anwaltsvergütung: Vorlage zur richtigen Besetzung beim BGH
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© Fabian Sommer / dpa

Ist über einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts der Anwaltstätigkeit beim Bundesgerichtshof weiterhin in der Besetzung von fünf Richtern zu entscheiden? Diese Frage hat der XI. Zivilsenat am 06.10.2020 dem Großen Senat für Zivilsachen zur Entscheidung vorgelegt.

Anwalt beantragt Wertfestsetzung nach § 33 RVG

Ein Rechtsanwalt verlangte nach § 33 RVG, den Gegenstandswert seiner Tätigkeit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren festzusetzen. Sein Mandant hatte ihn mit der Vertretung in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegen ein Urteil des OLG Hamm beauftragt. Mit der Begründung des Rechtsbehelfs verfolgte der Klient nur einen Teil der Berufungsanträge mit einem Gegenstandswert von bis zu 35.000 Euro weiter. Der BGH verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde zum Teil als unzulässig und setzte den Gegenstandswert auf bis zu 35.000 Euro fest.

BGH: Entscheidung vom Einzelrichter oder vom Senat?

Aus Sicht der Bundesrichter liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG vor, da sich im vorliegenden Verfahren die Rechtsanwaltsgebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen. Allerdings stellt sich aus Sicht des XI. Zivilsenats die Frage, ob die Einfügung von § 1 Abs. 3 RVG zur Folge hat, dass der Senat über den Antrag abweichend von § 139 Abs. 1 GVG nicht in der Besetzung von fünf Richtern zu entscheiden hat, sondern nach § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG dazu der Einzelrichter berufen ist. § 1 Abs. 3 RVG regelt den Vorrang der RVG-Rechtsbehelfe, Erinnerung und Beschwerde, gegenüber denen aus allgemeinen Verfahrensvorschriften. Seit 2017 nahmen mehrere Zivilsenate – zum Teil in Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung – die funktionale Zuständigkeit des Einzelrichters an. Laut BGH steht einer Entscheidung durch den Einzelrichter allerdings entgegen, dass beim BGH Entscheidungen durch einen einzelnen Richter gar nicht vorgesehen sind.

Entscheidung in Zivilsachen auch weiterhin durch die übliche Senatsbesetzung

Dem XI. Zivilsenat zufolge kann die Auslegung von § 139 Abs. 1 GVG in Verbindung mit § 1 Abs. 5 GKG, nach der über eine Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG auch beim BGH grundsätzlich der Einzelrichter entscheidet, nicht auf § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG übertragen werden. § 1 Abs. 5 GKG nenne ausdrücklich das Festsetzungsverfahren, § 1 Abs. 3 RVG nur Rechtsbehelfe. Bei der Wertfestsetzung handele es sich um ein Antragsverfahren, so dass die allgemeine Besetzungsregel anzuwenden sei.

Für die Strafsenate ist der Senat zuständig

Sollte der Große Zivilsenat der Ansicht sein, dass der Einzelrichter entscheiden soll, wäre aus Sicht des XI. Zivilsenats auch eine Abstimmung mit den Strafsenaten des BGH erforderlich. Denn die Rechtsprechung der Strafsenate zur funktionalen Zuständigkeit des Einzelrichters habe sich nur hinsichtlich § 66 GKG parallel zu der Rechtsprechung der Zivilsenate entwickelt. Entscheidungen über Anträge nach § 33 Abs. 1 RVG würden von den Strafsenaten auch nach Inkrafttreten von § 1 Abs. 3 RVG wie zuvor weiterhin durch den Senat in der Besetzung von fünf Mitgliedern getroffen.

BGH, Beschluss vom 06.10.2020 - XI ZR 355/18

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2020.