Anwälte wollen Gerichtsschließungen in Brandenburg verhindern

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Anwaltverband Brandenburg kritisieren Pläne zur Schließung der Arbeitsgerichte Eberswalde und Potsdam sowie der in Senftenberg bestehenden Außenkammern des Arbeitsgerichts Cottbus. Vorgesehen sind die Gerichtsschließungen in einem Gesetzentwurf des Brandenburgischen Justizministeriums zur Neustrukturierung der Arbeitsgerichtsbezirke. Die Schließungen sollen durch Gerichtstage kompensiert werden.

Anwälte halten bürgernahe Gerichtsstruktur für elementar

Die für 2023 geplante Neustrukturierung würde dazu führen, dass das fünftgrößte Bundesland nur noch über vier Arbeitsgerichtsbezirke verfügen würde, kritisiert der DAV. Der größte Bezirk, Neuruppin, sei dann mehr als viermal so groß wie das Saarland. Große Distanzen zwischen Rechtsuchenden und Gerichten schmälerten die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger ihr Recht auf dem Klageweg verfolgen. "Eine bürgernahe Gerichtsstruktur ist von elementarer Bedeutung für das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und die Justiz – Gerichte geben mit ihrer Präsenz dem Rechtsstaat ein Gesicht", sagte Rechtsanwalt Frank-Walter Hülsenbeck, Präsident des Brandenburger Anwaltverbands. Der Rechtsstaat müsse auch mit kleineren Gerichten in der Fläche präsent bleiben.

Schwächung des Wirtschaftsstandorts Brandenburg befürchtet

"Wer Gerichte schließt, entfernt sich nicht nur von den Rechtssuchenden", warnte Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. "Folge der Gerichtsschließungen ist ein Rückzug des Rechts aus der Fläche insgesamt – und damit eine Schwächung des Wirtschaftsstandorts Brandenburg."

Homeoffice rückt auch bisher unzuständige Arbeitsgerichte in den Blick

Auch der Zeitpunkt der Schließungspläne ist für Kindermann schwer nachvollziehbar: "Niemand weiß, wie lange uns diese Pandemie und ihre Nachwehen noch beschäftigen werden". Sicher sei jedoch bereits heute, dass die Erfahrungen der vergangenen Monate die Arbeitswelt auch über das Ende der Pandemie verändern – Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen stünden vor neuen rechtlichen Fragen. Da auch das Arbeitsgericht örtlich zuständig sei, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichte, nehme die Arbeit im Homeoffice auch bisher unzuständige Arbeitsgerichte in den Blick. Sinkende Eingangszahlen seien für die Zukunft nicht voraussehbar, betonte Kindermann.

Einrichtung von Gerichtstagen für nicht ausreichend erachtet

Die geplante Einrichtung von Gerichtstagen könne die Schließung von zwei ganzen Arbeitsgerichten sowie der Außenkammern in Senftenberg nicht in ausreichendem Maße kompensieren. "Gerichtstage verfügen über keine eigenen Räumlichkeiten, keine Geschäftsstelle, keine Rechtsantragsstelle und sind oft nicht einmal telefonisch erreichbar", erläuterte Hülsenbeck. Der Bürgermeister der Stadt Eberswalde hat bereits eine Online-Petition zum Erhalt des Arbeitsgerichts in Eberswalde gestartet.

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2021.