Zwischenbilanz zu Entschädigung Homosexueller nach erlittener Strafverfolgung

Einvernehmliche homosexuelle Handlungen waren in unterschiedlicher Weise bis 1994 unter Strafe gestellt. Dieses Verbot war aus heutiger Sicht in besonderem Maße grundrechts- und menschenrechtswidrig. 2017 erhielten betroffene Frauen und Männer wegen Verurteilungen und einer etwa erlittenen Freiheitsentziehung einen Entschädigungsanspruch. Den Antrag dazu können sie noch bis zum 21.07.2022 beim Bundesamt für Justiz stellen. Gestern veröffentlichte das Amt eine Zwischenbilanz.

Rund 860.000 Euro bislang ausbezahlt

Schätzungen zufolge ergingen zwischen 1945 und 1994 etwa 69.000 Urteile nach den §§ 175, 175a StGB bzw. § 151 StGB-DDR. 2017 hob der Gesetzgeber auf diesen Grundlagen ergangene strafgerichtliche Urteile auf. Gleichzeitig schuf er eine Grundlage für eine Entschädigung durch das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 08.05.1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG). Bis Ende August 2021 beantragten 317 Personen eine Entschädigung nach dem StrRehaHomG oder der Richtlinie, von denen 249 tatsächlich entschädigt werden konnten. 36 Anträge wurden zurückgenommen. Darüber hinaus sind 14 Anträge derzeit noch in Bearbeitung. 18 Anträge mussten mangels Anwendbarkeit des StrRehaHomG bzw. der Richtlinie oder aufgrund eines Ausschlussgrundes nach dem StrRehaHomG abgelehnt werden. Insgesamt wurden bis Ende August 2021 knapp 860.000 Euro ausgezahlt.

Seit 2019 keine Verurteilung für Entschädigungsberechtigung erforderlich

Zunächst waren nur jene Betroffene entschädigungsberechtigt, die für ihre Handlungen strafgerichtlich verurteilt worden waren. Bald wurde allerdings klar: Auch wer nicht bestraft wurde, war unter Umständen gestraft. Denn nicht gegen wenige war auch ohne anschließende Verurteilung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder Untersuchungshaft angeordnet worden, infolgedessen die Betroffenen beispielsweise ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstelle verloren hatten oder – zum Teil bis heute – unter psychischen oder körperlichen Folgen litten bzw. leiden. Seit dem 13.03.2019 werden nun auf der Grundlage einer Richtlinie auch jene Betroffene entschädigt, die strafrechtlich verfolgt wurden, ohne dass es zu einem Urteil kam, oder die unabhängig von einer Strafverfolgung im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Verboten unter außergewöhnlich negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise beruflichen oder gesundheitlichen Nachteilen – zu leiden hatten.

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2021.