Ataman verweist auf den Koalitionsvertrag, wonach die Bundesregierung "Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten wolle". Zu diesen Einzelpunkten legte die Antidiskriminierungsbeauftragte nun konkrete Vorschläge vor.
Laut Ataman ist das Grundlagenpapier zur AGG-Reform an den Bundesjustizminister übersandt worden. Sie gehe davon aus, dass die dort aufgeführten Punkte maßgeblich für die anstehende Reform sein werde.
Ataman kritisierte beim Vorstellen ihres Grundlagenpapiers auch, dass Deutschland eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa habe. "Seit der Einführung des AGG im Jahr 2006 gab es keine Verbesserungen beim Diskriminierungsschutz", sagte Ataman. Es sei an der Zeit, dass Deutschland ein Antidiskriminierungsrecht bekomme, das modernen und europäischen Standards entspreche.
Hinzufügen neuer und Umformulieren alter Diskriminierungsmerkmale
Ataman schlägt im vorgelegten Papier zum einen eine Erweiterung der Diskriminierungsmerkmale in § 1 AGG vor. Bislang heißt es dort: "Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen".
Ataman will die genannten Merkmale künftig um "Staatsangehörigkeit", "sozialer Status" und "familiäre Fürsorgeverantwortung" erweitern. Zudem soll die veraltete Formulierung "aus Gründen der Rasse" ersetzt werden durch "aufgrund rassistischer Zuschreibungen".
Des weiteren soll der Anwendungsbereich in § 2 AGG auf staatliches Handeln des Bundes ausgeweitet werden. Bisher regelt das AGG nur Diskriminierungen im Arbeitsleben und bei so genannten Massengeschäften in der Privatwirtschaft. Ataman verweist auf die Vorbildfunktion des Staates. Es könne nicht sein, dass an ein Wirtschaftsunternehmen oder an einen Supermarkt höhere Maßstäbe angelegt werden als an Ämter, die Polizei oder die Justiz, sagte Ataman.
Vereinfachte Klagemöglichkeiten
Zudem sollen die Klagemöglichkeiten für Betroffene deutlich vereinfacht werden. Dazu sollen ein Verbandsklagerecht für Antidiskriminierungsverbände sowie eine Klagemöglichkeit für die Antidiskriminierungsstelle geschaffen werden. Außerdem plädiert die Unabhängige Bundesbeauftragte für eine deutliche Verlängerung der Fristen, in denen Menschen Ansprüche wegen Diskriminierungen geltend machen können, auf künftig 12 Monate.
"Das AGG macht es Menschen, die Diskriminierung erleben, schwer, dagegen vorzugehen und sich zu wehren", sagte Ataman. Gerichtsverfahren seien oft langwierig und teuer und Menschen müssten die Kosten und Risiken alleine tragen. Mit besseren Klagemöglichkeiten, wie wir sie vorschlagen, läge die Last des Prozesses nicht mehr allein bei den Betroffenen.
Ataman schlägt im Grundlagenpapier insgesamt 19 Maßnahmen vor. Dazu zählen neben dem bereits genannten Verbot für diskriminierende Wohnungsanzeigen, unter anderem auch die Ausweitung des Schutzes vor sexueller Belästigung auf den zivilrechtlichen Bereich oder für Freiberufler, der zum Beispiel in der Kultur- und Medienbranche mehr Menschen vor Diskriminierungen schützen würde.