Rufe nach europäischer Lösung
Die Grünen im Europaparlament sprachen von "Staatsversagen in großem Stil" und mahnten eine europäische Lösung an. Der CSU-Europaabgeordnete und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments, Markus Ferber, forderte auf europäischer Ebene "endlich einen Aufseher mit echten eigenen Durchgriffsrechten und einen Rechtsrahmen, der überall in der EU gleichermaßen angewendet wird." Andernfalls werde der Kampf gegen Geldwäsche ein Flickenteppich bleiben.
Banken sollen Kriminelle als Kunden akzeptiert haben
Die von dem Recherche-Netzwerk bekannt gemachten Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums offenbaren nach Angaben der beteiligten Medien, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt haben. Die Institute hätten trotz strenger Regularien mutmaßliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt. Gemeldet wurden diese Vorgänge den Berichten zufolge mitunter zögerlich und teils mit jahrelanger Verspätung.
Borjans will Täter-Banken notfalls Lizenz entziehen
Walter-Borjans sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die internationale Uneinigkeit spiele den gewissenlosen Akteuren in die Hände. Allerdings schöpfe Deutschland auch die nationalen Möglichkeiten nicht aus. "Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht, das nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern Täter-Banken im Fall von Rechtsverletzungen als Ganzes zur Rechenschaft zieht – bis hin zum Lizenzentzug." Der SPD-Co-Chef warf CDU und CSU vor, Vorstöße der SPD zu blockieren, moralische Kategorien zur Richtschnur des Wirtschaftens und folglich justiziabel zu machen.
Internationales Finanzsystem anfällig für Geldwäsche
Nach den Worten des CSU-Europapolitikers Ferber illustrieren die Enthüllungen "sehr anschaulich, wie anfällig das internationale Finanzsystem für Geldwäsche ist". Die Europäische Union sei da keine Ausnahme. "Geldwäscher und ihre Helfer machen sich zunutze, dass die Mitgliedstaaten die bestehenden Vorschriften nur halbherzig umsetzen, sich untereinander nicht koordinieren und es keine europäische Aufsicht mit echten Durchgriffsrechten gibt." Auch Deutschland sei keine Insel der Glückseligen, sagte Ferber: Die vom Finanzministerium beaufsichtigte Anti-Geldwäschebehörde sei ein "Musterbeispiel dafür, was beim Kampf gegen Geldwäsche alles falsch läuft".
Europäische Reaktion gefordert
Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Sven Giegold, nannte es "skandalös, dass internationale Großbanken auch nach der globalen Finanzkrise Geldwäsche in großem Stil zulassen." Die Grünen werden Giegold zufolge im neuen Steuer-Ausschuss des Europaparlaments eine Anhörung zu dem Datenleck auf den Weg bringen. "Interessant dürfte vor allem sein, wann genau welche der beteiligten Banken zuletzt fragwürdige Geschäfte gemacht hat", sagte er. Die Globalisierung des Verbrechens benötige eine europäische Reaktion. Die gemeinsame Geldwäscheaufsicht mit einer europäischen Financial Intelligence Unit (FIU) müsse jetzt rasch kommen. Der Widerstand vieler Mitgliedstaaten gegen eine europäische FIU sei ein Skandal.
Auch Deutschland soll Konsequenzen ziehen
Auch in Deutschland müsse die große Zahl an Geldwäscheskandalen wirksame Konsequenzen haben. Die beim Zoll angesiedelte FIU müsse schlagkräftiger werden. Das verschärfte Unternehmenssanktionsrecht müsse zügig ohne weitere Verwässerungen beschlossen werden, forderte Giegold. Alle Bundesländer müssten die zuständigen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften stärken: "Die strengsten Gesetze sind nichts wert, wenn die Strafverfolgungsbehörden ausgehungert werden." Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende forderte für Deutschland eine einheitliche Aufsicht mit dem klaren Auftrag der Kriminalitätsbekämpfung. In Europa müssen aus Sicht des früheren Bundestags-Abgeordneten der Grünen das Korrespondenzbankenwesen beendet und eine Finanzpolizei geschaffen werden.