Anti-Doping Agentur und Olympischer Sportbund befürworten Kronzeugenregelung für dopende Sportler

Vor dem Hintergrund der Geschehnisse um einen Erfurter Sportmediziner und dessen illegale Blutdoping-Aktivitäten haben sich sowohl die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) als auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sowie Athletenvertreter und der im Verfahren gegen den Mediziner zuständige Münchner Oberstaatsanwalt Kai Gräber am 03.04.2019 vor dem Sportausschuss des Bundestages für die Schaffung einer Kronzeugenregelung für Sportler im Anti-Doping-Gesetz ausgesprochen. Vertreter des Bundesinnenministeriums sowie des Bundesjustizministeriums kündigten an, darüber im Rahmen der anstehenden Evaluierung des Anti-Doping Gesetzes reden zu wollen.

21 Sportler unter Doping-Verdacht

Oberstaatsanwalt Kai Gräber, Leiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Doping in München, sagte vor den Abgeordneten, die Ermittlungen gegen den Arzt seien durch eine Aussage des österreichischen Langläufers Johannes Dürr, der 2014 des Eigenblut-Dopings überführt wurde, in Gang gesetzt worden. Derzeit stünden 21 Sportler aus acht Nationen und fünf Sportarten unter Verdacht, durch den Mediziner Eigenblut-Doping-Behandlungen vorgenommen haben zu lassen. Namen nennen könne er nicht, sagte Gräber auf Nachfrage. Zwar bedauere er, dass es zu Spekulationen darüber komme, ob und wenn ja welche deutschen Sportler betroffen sind. Für ihn sei es aber wichtig, die Ermittlungen in Ruhe zu Ende zu führen. Die Zeit für die Veröffentlichung der Namen sei noch nicht reif, sagte Gräber.

Nada-Vorstandsvorsitzende fordert verschärftes Anti-Doping-Gesetz

Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Nada, betonte, dieser "große Erfolg" im Kampf gegen Doping sei nur durch das 2015 in Kraft getretene Anti-Doping-Gesetz möglich gewesen. Dieses müsse nun geschärft werden. Neben der Kronzeugenregelung brauche es mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie eine Stärkung des Hinweisgeberschutzes. Außerdem müsse Schluss sein mit dem Geschacher um die finanzielle Beteiligung der Spitzensportverbände am Nada-Budget, forderte Gotzmann. Aktuell fehlten aus diesem Bereich im ersten Quartal 2019 200.000 Euro. Die Nada-Chefin forderte eine Loslösung vom organisierten Sport. Noch immer sei das Ergebnismanagement von Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen nicht vollständig von den Verbänden auf die Nada übertragen, kritisierte sie.

DOSB-Präsident für finanzielle Neuaufstellung der Nada

DOSB-Präsident Alfons Hörmann sprach sich ebenfalls für eine finanzielle Neuaufstellung der Nada aus. Aus seiner Sicht sollte sich der DOSB auch aus dem Aufsichtsrat der Nada zurückziehen, um deren Unabhängigkeit zu stärken. Was den Fall des Sportmediziners angeht, so räumte Hörmann ein, dass die Aufklärung ohne das Anti-Doping-Gesetz so nicht möglich gewesen wäre. Abgerechnet werde aber am Schluss, wenn die Strafen verhängt werden, sagte er. Die Strafen müssten auch tatsächlich wehtun, forderte der DOSB-Präsident.

Athletenvertreterin für Stärkung des Hinweisgebersystems

Athletenvertreterin Amelie Ebert machte deutlich, dass die Masse der Athleten sauber sei. Es sei daher nicht fair, alle Sportler unter einen Generalverdacht zu stellen, sagte die Synchronschwimmerin. Ebert sprach sich dafür aus, das Hinweisgebersystem zu stärken und bekannter zu machen. Außerdem müssten Athleten Alternativen zum Leistungssport aufgezeigt bekommen, um nicht aus dem Gefühl heraus, bei Misserfolgen die Existenz zu verlieren, für Doping empfänglich zu werden.

Wada-Chefermittler betont große Bedeutung von Whistleblowern im Kampf gegen Doping

Die große Bedeutung von Whistleblowern für die Aufklärung der Doping-Kriminalität betonte auch Günter Younger, Chefermittler bei der Welt-Anti-Doping Agentur (Wada). Ohne Informanten seien erfolgreiche Ermittlungen in dem Bereich nicht möglich, sagte er.

Redaktion beck-aktuell, 4. April 2019.

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