Anstellungsvertrag einvernehmlich abberufenen Geschäftsführers kann konkludent beendet sein

Wird ein GmbH-Geschäftsführer einvernehmlich aus Altersgründen abberufen, ist der Anstellungsvertrag zwar nicht direkt betroffen. Er kann aber aufgrund konkludenter Vereinbarung beendet werden, wenn der Geschäftsführer durch sein Verhalten hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit Ausscheiden aus seinem Amt in den Ruhestand treten will. Dies hat das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 18.03.2020 entschieden. Gegen die Entscheidung ist die Berufung anhängig.

GmbH-Geschäftsführer aus Altersgründen abberufen

Der Kläger war seit fast 30 Jahren Geschäftsführer einer GmbH. Teil der finanziellen Vereinbarungen zwischen den Parteien war die Zusage einer Pension für den Kläger, die ab Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt werden sollte. Im Jahr 2018 wurde der Kläger aus Altersgründen als Geschäftsführer der GmbH abberufen. Kurz vor dem geplanten Ende seiner Tätigkeit teilte er dann der Gesellschaft mit, er gehe ungeachtet der Abberufung als Geschäftsführer davon aus, dass sein Anstellungsvertrag fortbestehe. Die Gesellschaft sah dies anders. Der Kläger wollte deshalb den Fortbestand seines Anstellungsvertrages vom Gericht verbindlich feststellen lassen.

Geschäftsführer pocht auf Fortbestand des Anstellungsvertrages

Er vertrat die Ansicht, die Abberufung aus dem Amt des Geschäftsführers sei für den Fortbestand des Anstellungsvertrages unerheblich. Dass mit der Abberufung der Anstellungsvertrag habe enden sollen, sei zu keiner Zeit besprochen worden. Die beklagte GmbH trug vor, es habe vor Ausbruch des Streits im Jahr 2018 nie ein Zweifel bestanden, dass mit Erreichen der Altersgrenze auch der Anstellungsvertrag habe enden sollen. Der Kläger selbst habe dies immer wieder betont. Immerhin beziehe er auch seit seinem Ausscheiden Rentenbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine von der Gesellschaft zugesicherte Pension.

LG: Abberufung lässt Anstellungsvertrag grundsätzlich unberührt

Das LG hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei zwar darin zuzustimmen, dass die Abberufung als Geschäftsführer generell keinen Einfluss auf den Bestand des Anstellungsvertrages hat. Denn die Abberufung beinhalte nicht automatisch eine Kündigung des Anstellungsvertrages. Das ergebe sich schon daraus, dass dafür andere Fristen zu beachten sind.

Keine explizite Beendigungsvereinbarung durch Pensionszusage

Ebenso wenig habe im konkreten Fall der Anstellungsvertrag ausdrücklich eine Beendigung mit Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen. Besonders die Pensionszusage setze das Erreichen der Altersgrenze voraus, beinhalte aber keine Regelung zur automatischen Beendigung des Anstellungsverhältnisses.

Beendigung mit Erreichen der Altersgrenze aber konkludent zugestimmt

Eine automatische Beendigung des Anstellungsvertrages bei Erreichen der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung könne jedoch auch dann eintreten, wenn die Gesellschaft das Verhalten des Geschäftsführers so verstehen durfte, dass er auch ohne ausdrückliche Vereinbarung mit einer solchen Regelung einverstanden gewesen sei. Voraussetzung sei ein Verhalten des Geschäftsführers, dass die Gesellschaft als schlüssige Zustimmung zu einer automatischen Beendigung verstehen darf. Dies sei hier der Fall gewesen. Es lägen ausreichend Indizien vor, um von einer einvernehmlich vereinbarten Beendigung des Anstellungsvertrages des Klägers mit der Beklagten mit Erreichen der Regelaltersgrenze auszugehen. Der Kläger habe selbst mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er mit Ausscheiden aus dem Amt als Geschäftsführer in den Ruhestand treten wollte. Wiederholt sei der anstehende Ruhestand des Klägers schon vor dem Jahr 2018 in den Gremien der beklagten Gesellschaft Thema gewesen. Nie habe der Kläger dabei etwas anderes erkennen lassen, als dass er seine Tätigkeit für die Beklagte mit Erreichen der Regelaltersgrenze beenden wolle.

Kläger ließ sich intern bei Feierstunde in Ruhestand verabschieden

Ebenso habe der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Vorstand eines Fachverbandes, dem er für die Beklagte angehört habe, Anfang 2018 seinen nahenden Ruhestand als Grund genannt. Intern habe der Kläger sich noch Mitte 2018 ausdrücklich bei einer Feierstunde in den Ruhestand verabschieden lassen. Weiter habe er umfassend an der Planung einer großen öffentlichen Abschiedsfeier mitgewirkt, die Ende August 2018 habe stattfinden sollen, auch wenn diese aufgrund des ausgebrochenen Streits dann kurzfristig abgesagt worden sei. Bezeichnender Weise habe die vom Kläger selbst vorbereitete Abschiedsrede für diesen Anlass von einem neuen Lebensabschnitt und neu gewonnener Freiheit gesprochen. Insgesamt sei immer wieder in Gesprächen mit Vertretern der Beklagten und Dritten vom Kläger auf seinen baldigen Ruhestand verwiesen worden. Dass er dagegen nach Ausscheiden aus dem Amt als Geschäftsführer weiter für die Beklagte tätig sein wolle, habe der Kläger nie erkennen lassen.

LG Osnabrück, Urteil vom 18.03.2020 - 18 O 428/18

Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2020.