Experten sprechen sich für das Freihandelsabkommen Ceta aus

In einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses haben Sachverständige ihre Einschätzung zur Ratifikation des Freihandelsabkommens mit Kanada (Ceta) abgegeben, mit dem die Bundesregierung die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands beziehungsweise der Europäischen Union mit Kanada weiter ausbauen will. Die Mehrheit der Sachverständigen hat sich für eine Ratifizierung ausgesprochen. Kritiker befürchten Preisdruck und Missbrauch.

Freihandelsabkommen mit Kanada

Durch das Abkommen sollen laut Bundesregierung die Möglichkeiten für den Handel und für Investitionen zwischen der Europäischen Union und Kanada gesteigert werden, insbesondere durch einen verbesserten Marktzugang für Waren und Dienstleistungen sowie besser miteinander vereinbarte und klare Handelsregeln. Auch solle gemeinsam mit Kanada neue Standards für künftige "faire Handelsabkommen" gesetzt werden. Das Handelsabkommen Ceta ist am 21.09.2017 vorläufig in Kraft getreten. Da manche Teile des Abkommens in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten liegen, kann es jedoch erst vollständig in Kraft treten, wenn es von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde.

Mehrheit votiert für baldige Ratifizierung

Die überwiegende Mehrheit der geladenen Fachleute sprach sich für eine baldige Ratifizierung des zugrundeliegenden Ceta-Gesetzes aus. Der Fokus der Fragen der Bundestagsabgeordneten lag auf den Sorgen vor Klagen vor den sogenannten Ceta-Schiedsgerichten und der noch in Verhandlung befindlichen Interpretationserklärungen zum Investitionsschutz. Die meisten Sachverständigen sahen keinen Grund mehr zur Sorge bei diesen Themen. Sie sehen in Ceta gerade eine Chance, die klimapolitische Transformation voranzubringen und damit den Handel nachhaltiger und fairer zu gestalten. Man müsse Ceta nutzen, um weitere vergleichbare bilaterale Abkommen zu verhandeln, mit Staaten, die in ihrem demokratischen Verständnis der Europäischen Union ähnlich nahe stünden wie Kanada. Laut dem Lüneburger Staatswissenschaftler Till Patrik Holterhus sei die Kritik an Ceta berechtigt gewesen. Wenn es noch weiter verschärft werde, könne man das Abkommen aber als "Goldstandard" bezeichnen. Die Erfolgsaussichten einer Klage gegen Deutschland durch ein Unternehmen seien laut den Ceta-Befürwortern gering. Im Bereich Investitionsschutz sei viel erreicht worden.

Kritiker befürchten Preisdruck und Missbrauch

Zwei Fachleute rieten hingegen komplett davon ab, das Abkommen in dieser Form zu ratifizieren. Laut Reinhard Jung, Referent für Politik und Medien der Freie Bauern Deutschland GmbH, habe es seit der teilweisen Ratifizierung von Ceta 2017 "sehr schwierige Jahre für die Landwirtschaft gegeben". Das läge natürlich nicht nur an dem Abkommen, aber der Preisdruck steige durch den zusätzlichen Import von landwirtschaftlichen Produkten aus Kanada weiter. Das Preisniveau sei nach unten gegangen. Er forderte, künftige Handelsabkommen ohne systemrelevante Bereiche wie die Lebensmittelproduktion zu verhandeln. Auch die Sachverständige Federica Violi von der Erasmus-Universität Rotterdam sprach sich gegen die Ratifikation von Ceta aus: Selbst durch die Verschärfung des Investitionsschutzes würde ein Missbrauch nicht verhindert. Vertragsstrafen hätten sich in Einzelfällen bereits als nicht ausreichend erwiesen und das System der Schiedsgerichte stehe in einem grundsätzlichen Widerspruch zum Klimaschutz.

Redaktion beck-aktuell, 13. Oktober 2022.