Finanzausschuss: Steuervorteil für E-Autos sowie erweiterte Haftung elektronischer Marktplätze umstritten

Die von der Bundesregierung geplante Steuervergünstigung für die Privatnutzung von Elektro-Dienstwagen und Hybridfahrzeugen ist von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 15.10.2018 unterschiedlich beurteilt worden. Im umsatzsteuerlichen Teil des Gesetzentwurfs ist daneben vorgesehen, für die Betreiber eines elektronischen Marktplatzes eine Haftung einzuführen, wenn Händler für die über den Marktplatz bestellten Waren keine Umsatzsteuer abgeführt haben, teilte die Bundestagspressestelle mit.

Mindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe

Bisher muss die private Nutzung eines Dienstwagens mit einem Prozent des inländischen Listenpreises für jeden Kalendermonat versteuert werden. Für E-Autos, die nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2022 angeschafft werden, soll dieser Wert auf 0,5 Prozent sinken. Die Gesetzesänderung ist in dem Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drs. 19/4455) enthalten und gilt für alle Elektrofahrzeuge und auch für extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge. Die steuerlichen Mindereinnahmen sollen im Jahr 2019 an die 275 Millionen Euro betragen und bis 2022 auf 635 Millionen Euro steigen.

Umsatzsteuerrechtliche Regelung für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes

"Seit geraumer Zeit liegen vermehrt Anhaltspunkte dafür vor, dass es beim Handel mit Waren über das Internet zu Umsatzsteuerhinterziehungen kommt, insbesondere beim Handel mit Waren aus Drittländern", heißt es in dem Entwurf. Betreiber dieser Marktplätze müssen deshalb die Daten von Unternehmen vorhalten, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht besteht. Die Unternehmen müssen zudem gegenüber dem Betreiber des Marktplatzes mit einer Bescheinigung nachweisen, dass sie steuerlich registriert sind. Liegen die Nachweise über die steuerliche Registrierung nicht vor, wird der Betreiber des Marktplatzes in Haftung genommen.

Befürworter sehen Lenkungswirkung der Regelung

Hannes Brachat von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen/Geislingen erklärte, die politische Leitlinie für eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen sei für das Jahr 2022 gesetzt. "Die geplante Halbierung der Bemessungsgrundlage ist für diese Zielerreichung ein wirkungsvoller Beitrag." Die deutschen Automobilhersteller sollten auch bei Elektroautos weltweit eine führende Rolle einnehmen. Ohne Verkaufserfolge auf dem Heimatmarkt werde dies jedoch schwerlich gelingen. Ferner meinte Brachat, dass durch die geplante Steuererleichterung Mitarbeiter in Unternehmen gezielt Druck in Richtung Anschaffung von E-Autos machen würden. Auch der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine befürwortete vor dem Hintergrund der bekannten Nachteile von Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren und der bisher geringen Nutzung alternativer Antriebe die Steuerpläne. Angeregt wurde, die steuerliche Förderung auf Elektrofahrräder auszuweiten, wie dies schon der Bundesrat vorgeschlagen hatte.

Kritiker sehen trotz Vergünstigung nur mäßiges Interesse

Dagegen erklärte der Sachverständige Heinz Burghaus, die private Nutzung von Dienstfahrzeugen sei nur sinnvoll bei Fahrzeugen mit hoher Reichweite. "Das ist derzeit faktisch unmöglich", so Burghaus. Schon bei der gegenwärtigen Besteuerung sei die private Nutzung von Dienstfahrzeugen für viele Mitarbeiter vollkommen uninteressant. Das werde sich bei den viel teureren E-Fahrzeugen erst recht nicht ändern. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft empfahlen, rechtzeitig über eine Verlängerung des Förderzeitraums zu entscheiden, um einen stetigen Markhochlauf sicherzustellen. Auch der Verkehrsclub Deutschland hielt es für besser, umwelt- und klimaschonende Mobilität zu fördern statt den Absatz von Autos. Die Organisation kritisierte besonders die Begünstigung von Plug-in-Hybridfahrzeugen, bei denen es sich in der Mehrzahl um "große und schwere Luxuslimousinen" handele, die im Verbrennermodus zu Spritschluckern würden. Frank Hechtner (Technische Universität Kaiserslautern) bezeichnete die Maßnahme dagegen als überschaubaren Beitrag zur Förderung der Elektromobilität. Er regte aber an, Pkw im höheren Preissegment nicht zu fördern. Der Bund der Steuerzahler empfahl, auch Zuschüsse zum Jobticket steuerfrei zu stellen.

ebay gegen geplante Umsatzsteuer-Regelung

Gegen die umsatzsteuerliche Haftungs-Regelung wandte sich der Plattformbetreiber ebay. Bei den geforderten Bescheinigungen bestehe eine Fälschungsgefahr. Überhaupt sei das System einer Finanzamts-Bescheinigung in Papierform mit großem administrativem Aufwand verbunden. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel nannte die Papier-Bescheinigung "anachronistisch, bürokratisch, extrem betrugsanfällig". Diese könne auch immer nur eine Momentaufnahme darstellen. Man frage sich, wie die ohnehin an der Belastungsgrenze arbeitenden Finanzämter eine siebenstellige Zahl an Bescheinigungen ausstellen sollten. Der Bund der Steuerzahler verlangte die Einführung von Umsatzschwellen, um kleine oder regionale Plattformanbieter von unnötiger Bürokratie zu entlasten.

Finanzgerichtstag befürwortet Regelung

Zufrieden zeigte sich dagegen der Präsident des Deutschen Finanzgerichtstages, Jürgen Brandt: "Aus Sicht des Finanzgerichtstages ist das Gesetzesvorhaben uneingeschränkt zu begrüßen." Auch Thomas Eigenthaler, der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, erwartet von diesem Teil des Gesetzes eine "heilsame Präventivwirkung". Bereits jetzt sei eine Zunahme der Zahl der Registrierungen bei den Finanzämtern durch Händler festzustellen. Die Kritik an den Papier-Bescheinigungen wies er zurück, da es diese Form nur in einer Übergangsphase bis zur Einführung eines Online-Systems gelten solle.

Redaktion beck-aktuell, 16. Oktober 2018.