Experten im Finanzausschuss streiten über geplante Neuregelung des Zollfahndungsdienstes

Die Bundesregierung will den Zollfahndungsdienst neu regeln und hat dazu einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/12088) eingebracht, der am 25.11.2019 Gegenstand einer Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages war. Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung der Befugnisse des Zollfahndungsdienstes vor. Während die betroffene Verwaltung sich mit der geplanten Regelung zufrieden zeigte, äußerten Datenschützer und Anwälte Bedenken. Sie kritisierten Datenschutzmängel.

Eckpunkte des geplanten Gesetzes

Laut Gesetzentwurf sollen der Einsatz verdeckter Ermittler sowie eine Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten möglich werden. Mit dem Gesetz sollen außerdem die Auskunftspflichten von Betroffenen und Dritten erweitert werden. Außerdem werde das Zollkriminalamt in Zukunft Gerätenummern von Telekommunikationsendgeräten und die Kartennummern der verwendeten Karten sowie die Standorte von Telekommunikationsendgeräten ermitteln dürfen.

Zollkriminalamt begrüßt Regelung zur verdeckten Ermittlung

Als effektives und erforderliches Einsatzmittel bezeichnete das Zollkriminalamt den geplanten Einsatz verdeckter Ermittler. Aufgrund des höchst konspirativen Täterverhaltens sei es zum Regelfall geworden, dass nur eine Mischung unterschiedlichster Methoden und Ansätze bei der Informationsgewinnung Erfolg verspreche. Hierzu gehöre auch der Einsatz verdeckt auftretender Ermittlungsbeamter, um Zugang zu relevanten Informationen zu erhalten. "Insgesamt liegt mit dem Entwurf ein modernes Gesetz für den Zollfahndungsdienst vor, dass sich folgerichtig in die aktuelle Gesetzgebung für Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung einpasst", lobte das Zollkriminalamt den Gesetzentwurf.

BDZ lobt Gesetzentwurf und neue Überwachungsmöglichkeiten

Auch die Deutsche Zollgewerkschaft (BDZ) zeigte sich mit dem Entwurf zufrieden und hob besonders die neuen präventiven Möglichkeiten bei der Post- und Telekommunikationsüberwachung sowie beim Einsatz von verdeckten Ermittlern hervor. Erforderlich sei aber eine bessere personelle Ausstattung, so die Organisation. Lob kam zudem von Klaus Gärditz (Universität Bonn). Der Entwurf orientiere sich an den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Leitsätzen (BVerfG, BeckRS 2016, 44821). Ähnlich äußerte sich Kurt Graulich (Humboldt-Universität Berlin).

Zollbeamter: Abfrage der Datenbanken zu kompliziert

Hingegen kritisierte der Zollbeamte Marius Kühne die erhebliche Ausweitung des Gesetzesumfangs, dessen Paragrafen-Zahl sich im Gegensatz zur bisherigen Regelung von 47 auf 107 Paragrafen mehr als verdopple. Kühne sprach von einem "Schönschreibwettbewerb von Juristen". Die Abfrage bei Datenbanken sei für das Zollpersonal viel zu kompliziert. Sinnvoll sei die Einrichtung einer zentralen Datenbank.

Datenschutzbeauftragter skeptisch

Nach Ansicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist die Erforderlichkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler  bislang nicht hinreichend begründet. Eine reine Nützlichkeit neben den bereits bestehenden Eingriffsbefugnissen sei hier nicht ausreichend. Insbesondere sei nicht dargelegt, wo und weshalb die vorhandenen Eingriffsbefugnisse im Bereich der Zollfahndung an ihre Grenzen stoßen würden. Außerdem erhob der Bundesbeauftragte erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die sogenannte Bestandsdatenauskunft. Die Norm ermögliche eine permanente Erhebung und weitere Verwendung von Bestandsdaten sowie die Zuordnung von Internetprotokoll-Adressen. Betroffen davon seien alle Personen, die in den verschiedenen Sammlungen gespeichert seien. Eine solche, nahezu voraussetzungslose und anlasslose Anreicherung von Daten erscheine "in höchstem Maße unverhältnismäßig", so der Bundesbeauftragte für den Datenschutz.

Polizeigewerkschaft legt eigenen Neustrukturierungsvorschlag vor

Die Gewerkschaft der Polizei - Bezirksgruppe Zoll - legte in der Anhörung einen eigenen Entwurf zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes vor. Zu den Forderungen der Gewerkschaft gehört, das Zollkriminalamt aus der Generalzolldirektion herauszulösen und als selbstständige Behörde zu führen. Denn in seiner heutigen Struktur sei der Zoll nicht rund um die Uhr einsatzfähig. Mit Klarstellungen in Formulierungen soll der Zollfahndungsdienst auch materiell-rechtlich als Polizei angesehen werden. Schließlich würden dessen Mitarbeiter hervorragende Polizeiarbeit im Kampf gegen schwere und organisierte Kriminalität leisten.

DAV kritisiert grundrechtsintensive Eingriffe

Nach Ansicht von Hartmut Aden (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) gibt es in dem Gesetzentwurf so viele Defizite und unnötig komplexe Regelungen, dass zu empfehlen sei, "den Entwurf zurückzuziehen und das Gesetzgebungsverfahren mit einem neuen Entwurf erneut zu beginnen". Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) sah die Erweiterung grundrechtsintensiver Eingriffe wie den Einsatz verdeckter Ermittler, die Quellen- und Telekommunikationsüberwachung sowie die Erhebung von Nutzungsdaten kritisch. Es stelle sich die Frage, warum überhaupt verdeckte Ermittler zum Einsatz kommen müssten.

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2019.