Anhörung: Experten kritisieren geplante Wahlrechtsreform

Am Gesetzentwurf der großen Koalition zur Änderung des Wahlrechts haben Experten bei einer Anhörung des Innenausschusses des Bundestages kaum ein gutes Haar gelassen. Der Vorschlag von Union und SPD sei nicht geeignet, um einen weiteren Aufwuchs der Zahl der Bundestagsabgeordneten zu verhindern, stellten Juristen und Politikwissenschaftler am 05.10.2020 einhellig fest. Dies war aber ausdrückliches Ziel des Reformvorhabens gewesen. 

Kritik: Wahlrecht würde noch komplexer

Außerdem würde das Wahlrecht durch die geplante Reform (BT-Drs. 19/22504) noch komplexer und wäre damit für die überwiegende Mehrheit der Bürger kaum noch zu verstehen, so die Kritik der Experten.

Bis zu 750 Abgeordnete zu erwarten

Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung rechnete vor, dass der Entwurf der Regierungsparteien auf Grundlage der Ergebnisse von Wählerumfragen von Mitte September 2020 – je nach Splittingverhalten der Bürger – zu einer Bundestagsgröße von bis zu 750 Mandaten führen würde. "Geben sie den Versuch einer gemeinsamen und effektiven Lösung des Problems nicht auf", appellierte er an die Abgeordneten.

Ohne Reform über 800 Mandate befürchtet

Der Bundestag ist seit der Wahl 2017 mit 709 Abgeordneten so groß wie nie. Befürchtet wird, dass er nach der Wahl im Jahr 2021 auf mehr als 800 Mandate wachsen könnte, wenn das Wahlrecht nicht geändert wird. FDP, Grüne und Linke waren zuletzt mit einem gemeinsamen Gesetzentwurf für eine Wahlrechtsreform gescheitert, die eine Reduzierung der Wahlkreise von derzeit 299 auf 250 vorsieht. Der Entwurf von Union und SPD sieht eine Reduzierung auf 280 Wahlkreise vor – allerdings noch nicht bei der nächsten Bundestagswahl, sondern erst ab Januar 2024.

Redaktion beck-aktuell, 5. Oktober 2020 (dpa).