Anhörung: Experten fordern Nachbesserung bei geplanter Absenkung der EEG-Umlage

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage (BT-Drs.:20/1025) ist im Rahmen einer Anhörung im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie am 06.04.2022 dem Grunde nach auf Zustimmung gestoßen. Die geladenen Experten wiesen jedoch auf Probleme hin und mahnten an verschiedenen Stellen Konkretisierungen, Änderungen und Verschärfungen an.

Gesetz soll Verbraucher bei den Stromkosten entlasten

Mit dem Gesetz soll nach dem Willen der Fraktionen eine spürbare Entlastung der Verbraucher bei den Stromkosten erreicht werden. Zu diesem Zweck soll die EEG-Umlage früher als zunächst geplant bereits zum 01.07.2022 auf null abgesenkt werden. Um sicherzustellen, dass die Entlastung unterjährig auch tatsächlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird, sollen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz vorgenommen werden. Der Tenor der auf breiter Ebene zustimmenden Experten lautete, dass die Abschaffung der EEG-Umlage ein richtiger erster Schritt sei, weitere aber zügig folgen sollten.

Stiftung Umweltenergierecht hält Regelungen für nicht zielführend

Thorsten Müller von der Stiftung Umweltenergierecht kritisierte, dass die Reformüberlegungen hinsichtlich der Entlastung von Letztverbrauchern nicht zielführend seien. Laut Entwurf bestehe eine Verpflichtung zur Anpassung der vertraglich vereinbarten Strombezugspreise nur dann, wenn die EEG-Umlage in die jeweilige Preiskalkulation eingeflossen sei. Dies könne dazu führen, dass nur die Stromlieferanten und nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher profitierten. Zudem lasse sich das als interner Prozess auch nicht transparent nachvollziehen. Dies sah auch Martin Winkler, Wissenschaftlicher Leiter der Clearingstelle EEG/KWKG so.

Energiewirtschaft moniert “Saldierungsverbot“

Paula Hahn vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigte sich zuversichtlich, dass ein dämpfender Effekt bei den Preisen erzielt werden könne. Kritisch merkte sie aber an, dass durch die Neuregelungen für bereits bestehende Verträge ohne Preisanpassungsrecht ein - wenn auch befristeter - erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit stattfinde. Der BDEW sehe zudem das Verbot, die Preise aus anderen Gründen als der verfügten Umlagensenkung anzupassen, sehr kritisch. Im Zuge der deutlichen Preissteigerungen an den Großhandelsmärkten wachse auch die Notwendigkeit der Energieversorger, diese Marktbewegungen in den Tarifen abzubilden. Dieses “Saldierungsverbot“ monierte auch Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Margenvergrößerung der Stromlieferanten nicht ausgeschlossen

Für Thorsten Lenck von der Agora Energiewende eignet sich die Verpflichtung der Stromlieferanten, ihren Strompreis zum Stichtag zu mindern und den Senkungsbetrag transparent auf der Stromrechnung auszuweisen, um die Senkung bei Haushalten und Unternehmen ankommen zu lassen. Die Regelung verhindere jedoch nicht, dass Stromlieferanten ihren Strompreis vor oder nach dem Stichtag erhöhen und angesichts der stark gestiegenen Börsenstrompreise zur Margenvergrößerung nutzten. Daher, so seine Forderung, sollte die EEG-Umlagesenkung mit einer Informationskampagne verbunden werden.

Experten halten Senkung der Strombesteuerung für erforderlich

In der Beobachtung von Manuel Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung haben die hohen Energiepreise für die Politik die Dringlichkeit massiv erhöht, die Steuer- und Abgabenlast auf den Strompreis zu verringern. Diese Last mache bei privaten Verbrauchern derzeit über 50% des Strompreises aus. Dabei sei fragwürdig, dass für energie- und klimapolitische Maßnahmen die Stromverbraucher aufkommen müssen, statt dass diese aus dem Staatshaushalt finanziert würden. Gerade einkommensschwache Haushalte müssten in Relation zu ihrem Einkommen einen höheren Beitrag zur Finanzierung von Maßnahmen wie der Förderung der Erneuerbaren via EEG-Umlage leisten als einkommensstarke. Dieselbe Kritik gelte für sämtliche weiteren Abgaben auf den Strompreis, etwa die Offshore-Umlage zur Finanzierung des Netzanschlusses von Offshore-Windparks oder die KWKG-Umlage.

Forderung nach Neustrukturierung der Energiebepreisung

Für deren Abschaffung mittels eines “Keine-Umlagen-Gesetzes“ inklusive einer Verringerung der Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz plädierte Matthias Dümpelmann von der 8KU GmbH, einer Kooperation acht kommunaler Energieversorgungsunternehmen. Für Dümpelmann stellt die beabsichtigte Absenkung der Umlage auf null einen primär preispolitisch richtigen Schritt dar, der der dysfunktionalen Struktur der Energiebepreisung entgegenwirke. Wenn Wettbewerb über Preise funktionieren solle, dann müssten die Elemente der Preisbildung nach vergleichbaren Strukturen bestimmt werden. Energiepreise sollten deshalb definiert sein über die Elemente Erzeugung (also Anlagen plus Energieträger), Netz (allgemeiner: Logistik) und Klimakosten (insbesondere CO2), so Dümpelmanns Vorschlag.

Redaktion beck-aktuell, 7. April 2022.