An­hö­rung: Ban­ken gegen mehr Rech­te für BaFin

Ein­schrän­kun­gen für Ban­ken bei der Kre­dit­ver­ga­be zur Si­che­rung der Fi­nanz­sta­bi­li­tät im Im­mo­bi­li­en­be­reich sind von Kre­dit­in­sti­tu­ten und der Im­mo­bi­li­en­bran­che ab­ge­lehnt wor­den. Das zeig­te sich bei einer öf­fent­li­chen An­hö­rung des Bun­des­tags-Fi­nanz­aus­schus­ses am 06.03.2017 zum Fi­nanz­auf­sichts­rech­ter­gän­zungs­ge­setz (BT-Drs. 18/10935). Das Ge­setz räumt der Bun­des­an­stalt für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht (BaFin) neue Be­fug­nis­se ein, um künf­tig ge­zielt mög­li­che Ge­fah­ren für die Fi­nanz­markt­sta­bi­li­tät in Folge einer Im­mo­bi­li­en­bla­se ab­weh­ren zu kön­nen.

Be­fug­nis­er­wei­te­rung mit "vor­sorg­li­chem" Cha­rak­ter

Zu den neuen Be­fug­nis­sen der BaFin, die der von der Bun­des­re­gie­rung ein­ge­brach­te "Ent­wurf eines Ge­set­zes zur Er­gän­zung des Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sichts­rechts im Be­reich der Maß­nah­men bei Ge­fah­ren für die Sta­bi­li­tät des Fi­nanz­sys­tems und zur Än­de­rung der Um­set­zung der Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie" vor­sieht, ge­hört die Fest­le­gung be­stimm­ter Min­dest­stan­dards für die Ver­ga­be von Neu­kre­di­ten. Die Bun­des­re­gie­rung be­tont in der Be­grün­dung, dass die neuen BaFin-In­stru­men­te "rein vor­sorg­lich" ge­schaf­fen wür­den, "um für den Ge­fah­ren­fall das ge­eig­ne­te In­stru­men­ta­ri­um für ein schnel­les und ziel­ge­rich­te­tes Han­deln der Auf­sicht zur Ver­fü­gung zu stel­len".

Ge­set­zes­kri­ti­ker ver­wei­sen auf sta­bi­len Im­mo­bi­li­en­markt in Deutsch­land

Ste­phan Rabe vom Zen­tra­len Im­mo­bi­li­en­aus­schuss stell­te fest: "Wir haben keine Blase, wir wol­len keine Blase, und wir wol­len keine Blase her­bei­re­den." Auch Mi­cha­el Voigt­län­der vom In­sti­tut der deut­schen Wirt­schaft ver­wies auf den sta­bi­len Im­mo­bi­li­en­markt in Deutsch­land. Es gebe kaum va­ria­bel ver­zins­te Dar­le­hen, die bei Zins­stei­ge­run­gen zu Pro­ble­men für die Haus­käu­fer füh­ren könn­ten. Au­ßer­dem gebe es hohe Til­gungs­ra­ten, so­dass die Lage mit der in den USA nicht ver­gleich­bar sei, wo es fast keine Til­gung gebe.

Ban­ken­ver­tre­ter sehen deut­schen Im­mo­bi­li­en­markt gut gegen sys­te­mi­sche Ri­si­ken ge­schützt

Trotz einer zum Teil deut­li­chen Preis­stei­ge­rung liege ge­gen­wär­tig in Deutsch­land keine Über­hit­zung des Im­mo­bi­li­en­mark­tes vor, stell­te auch die deut­sche Kre­dit­wirt­schaft, der Zu­sam­men­schluss der fünf Ban­ken­ver­bän­de, fest. Der Ge­setz­ge­ber wolle den­noch die Kre­dit­ver­ga­be re­gu­lie­ren. An­de­re Mög­lich­kei­ten zur Be­kämp­fung einer Über­hit­zung, etwa steu­er­li­che Maß­nah­men oder die Be­reit­stel­lung von Bau­land in Bal­lungs­ge­bie­ten sowie eine Ver­ein­fa­chung der Bau­ord­nung, sehe der Ent­wurf da­ge­gen nicht vor, mo­nier­ten die Ver­tre­ter der Kre­dit­wirt­schaft wei­ter. Au­ßer­dem sei der deut­sche Im­mo­bi­li­en­markt gut gegen sys­te­mi­sche Ri­si­ken ge­schützt.

Im­mo­bi­li­en­bran­che: Über­be­wer­tun­gen auf Wohn­im­mo­bi­li­en­märk­ten rein re­gio­na­les Phä­no­men

Mög­li­che Über­be­wer­tun­gen auf den Wohn­im­mo­bi­li­en­märk­ten seien in Deutsch­land ein rein re­gio­na­les Phä­no­men, er­klär­te der Bun­des­ver­band deut­scher Woh­nungs- und Im­mo­bi­li­en­un­ter­neh­men. Be­trof­fen seien über­wie­gend ein­zel­ne Gro­ß­städ­te und Bal­lungs­ge­bie­te. Der länd­li­che Raum ver­lie­re da­ge­gen Ein­woh­ner. "Ein flä­chen­de­cken­des Pro­blem, von dem we­sent­li­che Sys­tem­ri­si­ken aus­ge­hen könn­ten, ist aus un­se­rer Sicht der­zeit nicht er­sicht­lich", stell­te der Ver­band fest.

Ar­gu­ment gegen zu­sätz­li­che Maß­nah­men: Aus­fall­ra­ten bei Kre­di­ten mi­ni­mal

Auch der Zen­tra­le Im­mo­bi­li­en­aus­schuss er­klär­te, im pri­va­ten Im­mo­bi­li­en­fi­nan­zie­rungs­ge­schäft be­stehe keine Dring­lich­keit, zu­sätz­li­che In­stru­men­te ein­zu­füh­ren. Die Aus­fall­ra­ten bei den Kre­di­ten seien mi­ni­mal. Die große Sta­bi­li­tät des deut­schen Wohn­im­mo­bi­li­en­fi­nan­zie­rungs­mark­tes lasse es frag­lich er­schei­nen, "ob ma­kro­pru­den­zi­el­le In­stru­men­te tat­säch­lich be­nö­tigt wer­den und ob deren ge­sell­schaft­li­che Kos­ten den Nut­zen für die Fi­nanz­sta­bi­li­tät nicht über­schrei­ten", stell­te das In­sti­tut der deut­schen Wirt­schaft in sei­ner Stel­lung­nah­me fest.

Re­gio­na­le Be­gren­zung der Maß­nah­men an­ge­regt

Po­si­ti­ve Re­so­nanz kam da­ge­gen von Arno Gott­schalk von der Ver­brau­cher­zen­tra­le Bre­men. Nach sei­ner Mei­nung will die Re­gie­rung mit ihrem Ent­wurf die Ver­ant­wor­tung für eine kre­dit­neh­mer­ge­rech­te Im­mo­bi­li­en­fi­nan­zie­rung sehr viel stär­ker zu den Kre­dit­in­sti­tu­ten ver­la­gern. Dies sei zu be­grü­ßen, "da der nor­ma­le Ver­brau­cher in der kom­ple­xen und für ihn zu­meist sin­gu­lä­ren Frage der Fi­nan­zie­rung einer Wohn­im­mo­bi­lie ten­den­zi­ell über­for­dert ist", schrieb Gott­schalk in sei­ner Stel­lung­nah­me. Wenn jetzt die "Profi-Seite" des Mark­tes in eine stär­ke­re Haf­tungs­ver­ant­wor­tung ge­stellt werde, sei das an­ge­mes­sen. Gott­schalk regte al­ler­dings eine re­gio­na­le Be­gren­zung der Maß­nah­men an, "denn mög­li­che Über­hit­zun­gen des Mark­tes dürf­ten eher lokal und re­gio­nal sowie ins­be­son­de­re in den Gro­ß­städ­ten auf­tre­ten". Einen ähn­li­chen Vor­schlag mach­te auch Tho­mas Theo­bald von der Hans-Böck­ler-Stif­tung, wäh­rend an­de­re Sach­ver­stän­di­ge dies zum Teil strikt ab­lehn­ten.

Her­ein­nah­me von Ge­wer­be­im­mo­bi­li­en ge­for­dert

Ru­dolf Hi­ckel von der Uni­ver­si­tät Bre­men nann­te eine Re­gu­lie­rung gegen Im­mo­bi­li­en­spe­ku­la­tio­nen, die zu einer sich ver­stär­ken­den Blase füh­ren wür­den, "drin­gend er­for­der­lich". Der Ge­setz­ent­wurf setze nicht an der Nach­fra­ge nach Im­mo­bi­li­en an, son­dern kon­zen­trie­re sich auf die staat­li­che Re­gu­lie­rung der An­for­de­run­gen an die Kre­dit­ver­ga­be. So könne die BaFin Ober­gren­zen für das Ver­hält­nis von Dar­le­hens­hö­he und Im­mo­bi­li­en­wert fest­set­zen sowie einen Zeit­raum vor­ge­ben, in dem ein be­stimm­ter An­teil des Dar­le­hens zu til­gen sei. Hi­ckel regte noch wei­ter­ge­hen­de Maß­nah­men an, etwa die Her­ein­nah­me von Ge­wer­be­im­mo­bi­li­en in den Ent­wurf. Der Ver­brau­cher­zen­tra­le Bun­des­ver­band warn­te in sei­ner Stel­lung­nah­me al­ler­dings davor, den Ver­brau­cher­schutz zu ver­schlech­tern.

Auch Fi­nanz­markt­ex­per­tin für Ein­be­zie­hung von Ge­wer­be­im­mo­bi­li­en

Die Fi­nanz­markt­ex­per­tin Isa­bel Schna­bel von der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät Bonn wies in ihrer Stel­lung­nah­me Kri­tik an dem Ent­wurf zu­rück. Ein Markt­ein­griff lasse sich recht­fer­ti­gen, wenn die Ver­ga­be von Im­mo­bi­li­en­kre­di­ten mit ge­rin­ger Be­si­che­rung oder an stark ver­schul­de­te Kre­dit­neh­mer Aus­wir­kun­gen auf die Fi­nanz­sta­bi­li­tät und damit auf die Volks­wirt­schaft als Gan­zes habe. Schna­bel rech­ne­te je­doch nicht damit, dass die In­stru­men­te bald ge­nutzt wer­den müss­ten, denn die Im­mo­bi­li­en­prei­se seien zwar ge­stie­gen, aber ein ra­san­tes Kre­dit­wachs­tum lasse sich bis­her nicht be­ob­ach­ten. Auch Schna­bel be­zeich­ne­te es als Ver­säum­nis, dass Ge­wer­be­im­mo­bi­li­en nicht in die Re­ge­lung ein­be­zo­gen seien, wo es laut Eu­ro­päi­scher Zen­tral­bank Zei­chen für eine Über­hit­zung gebe.

Ex­per­te: Nach­bes­se­run­gen bei Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie sinn­voll

Sinn­vol­le Nach­bes­se­run­gen in Bezug auf die be­reits 2016 in Kraft ge­tre­te­ne Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie sah hin­ge­gen Sven Bie­nert von der MRICS REV – Uni­ver­si­tät Re­gens­burg. Ein­zel­ne Ele­men­te be­dürf­ten je­doch der Dis­kus­si­on. So könne eine Stö­rung schon be­reits ein­ge­tre­ten sein, wenn es zum Ein­satz der In­stru­men­te komme. Kor­rek­tu­ren nur an­hand des Neu­ge­schäfts könn­ten bei grund­sätz­li­chen ma­kro­öko­no­mi­schen Pro­ble­men eine ge­ne­rel­le Markt­kor­rek­tur kaum ver­hin­dern. Den Ban­ken im Kri­sen­fall Kenn­zah­len vor­zu­schrei­ben, könne auch pro­zy­kli­sche Wir­kun­gen ent­fal­ten und Kri­sen ver­stär­ken, so der Ex­per­te.

Ge­setz­ent­wurf Schritt in rich­ti­ge Rich­tung – Hem­mung aber durch EU-Vor­ga­ben

Be­zug­neh­mend auf die im Ent­wurf vor­ge­se­he­nen Re­ge­lun­gen zur Kre­dit­auf­nah­me für Wohn­zwe­cke für junge Fa­mi­li­en und Se­nio­ren stell­te Peter Mühl­berg von der Uni­ver­si­tät Mainz fest, die For­mu­lie­run­gen seien ge­eig­net, die auf die Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie zu­rück­ge­hen­den Pro­ble­me etwas zu klä­ren und zu be­rei­ni­gen. Hin­ge­gen nann­te Se­bas­ti­an Omlor von der Phil­ipps Uni­ver­si­tät Mar­burg die eu­ro­päi­schen Vor­ga­ben für den Ge­setz­ge­ber sehr ein­engend. Durch den Ge­setz­ent­wurf komme es zu Er­leich­te­run­gen an ver­schie­de­nen Stel­len. Der Ent­wurf sei ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung, werde aber ge­hemmt durch die Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie, "die wir nicht än­dern kön­nen".

Deut­scher Spar­kas­sen- und Gi­ro­ver­band be­rich­tet über Rück­gang des Kre­dit-Neu­ge­schäfts

In die­sem Zu­sam­men­hang be­rich­te­te der Deut­sche Spar­kas­sen- und Gi­ro­ver­band von einem Rück­gang des Kre­dit-Neu­ge­schäfts auf­grund der Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dit­richt­li­nie in einem Um­fang von fünf bis 15%, was die Deut­sche Bun­des­bank al­ler­dings nicht be­stä­ti­gen konn­te.

Redaktion beck-aktuell, 8. März 2017.

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