Am­pel­ko­ali­ti­on steht vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen

Co­ro­na-Krise und au­ßen­po­li­ti­sche Span­nun­gen: Die Ampel-Par­tei­en star­ten mit gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen in ihre ge­mein­sa­me Re­gie­rungs­ar­beit. Der de­si­gnier­te Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) be­kräf­tig­te am 07.12.2021 in Ber­lin nach der Un­ter­zeich­nung des Ko­ali­ti­ons­ver­tra­ges mit Grü­nen und FDP, es müsse alle nö­ti­ge Kraft für die Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na-Pan­de­mie in Deutsch­land ge­steckt wer­den.

Scholz ver­tei­digt Co­ro­na-Ein­schrän­kun­gen für Un­ge­impf­te

Am 08.12.2021 soll Scholz im Bun­des­tag zum Kanz­ler ge­wählt und sein Ka­bi­nett ver­ei­digt wer­den. Damit endet nach 16 Jah­ren die Ära von An­ge­la Mer­kel (CDU), die bei der letz­ten Bun­des­tags­wahl nicht wie­der kan­di­diert hatte. Die SPD war als Sie­ge­rin aus der Ab­stim­mung her­vor­ge­gan­gen. Scholz ver­tei­dig­te Ein­schrän­kun­gen für Un­ge­impf­te als Mit­tel zum Bre­chen der vier­ten Co­ro­na-Welle. "Das heute uns alle be­ein­träch­ti­gen­de In­fek­ti­ons­ge­sche­hen rührt von den Un­ge­impf­ten her", sagte er. Ganz klar sei es des­halb, dass Ein­schrän­kun­gen für die­je­ni­gen, die sich nicht haben imp­fen las­sen, nötig seien. Er kri­ti­sier­te Dro­hun­gen, wie sie es in Form eines Fa­ckel­auf­mar­sches vor dem Haus der säch­si­schen Ge­sund­heits­mi­nis­te­rin Petra Köp­ping (SPD) ge­ge­ben hatte.

Scholz hält Be­dro­hung der Ukrai­ne für in­ak­zep­ta­bel

Ent­spre­chend äu­ßer­te sich FDP-Chef Chris­ti­an Lind­ner. “Unser Staat ist eine wehr­haf­te De­mo­kra­tie“, be­ton­te er. Lind­ner ver­trat die An­sicht, dass das durch die Ampel-Mehr­heit im Bun­des­tag ge­än­der­te In­fek­ti­ons­schutz­ge­setz zu einer ge­sell­schaft­li­chen Be­frie­dung bei­tra­gen könne. Denn wenn es auch künf­tig Grund­rechts­ein­grif­fe im Kampf gegen Co­ro­na brau­che, dann wür­den diese auf Basis von Par­la­ments­ge­set­zen vor­ge­nom­men und in öf­fent­li­cher Sit­zung dis­ku­tiert. Scholz zeig­te sich auch be­sorgt über den rus­si­schen Trup­pen­auf­marsch an der Gren­ze zur Ukrai­ne. Si­cher­heit und Zu­sam­men­ar­beit in Eu­ro­pa setz­ten Prin­zi­pi­en vor­aus, die in der Ent­span­nungs­po­li­tik aus­ge­han­delt wor­den seien und bis heute fort­wirk­ten. “Dazu ge­hört die Un­ver­letz­lich­keit und Un­ver­letz­bar­keit der Gren­zen. Es ist ganz, ganz wich­tig, dass nie­mand in den Ge­schichts­bü­chern wälzt, um Gren­zen neu zie­hen zu kön­nen“, sagte Scholz. Eine Be­dro­hung der Ukrai­ne sei in­ak­zep­ta­bel.

Ha­beck: Aus­bau der er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en große Kraft­an­stren­gung

Vor dem Hin­ter­grund des EU-Streits um Rechts­staat­lich­keit in Polen und Un­garn warn­te Scholz vor einer wei­te­ren Spal­tung Eu­ro­pas. Mit Blick auf Polen sagte er, für die kom­men­de Bun­des­re­gie­rung sei es “ganz wich­tig, diese Nach­bar­schaft freund­schaft­lich zu ge­stal­ten. Polen ist eine große Na­ti­on, eine De­mo­kra­tie.“ Er sei sehr froh, dass Polen Teil der EU sei und man sich dort mit­ein­an­der ab­stim­me und auch manch­mal mit­ein­an­der rin­gen könne. Der künf­ti­ge Wirt­schafts- und Kli­ma­mi­nis­ter Ro­bert Ha­beck be­zeich­ne­te den ge­plan­ten deut­lich schnel­le­ren Aus­bau der er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en als große Kraft­an­stren­gung. Der Grü­nen-Po­li­ti­ker sagte, bei allen “Sonn­tags­re­den“, die es immer gebe für mehr Kli­ma­schutz und den Aus­bau der er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en - dies werde “nicht ohne Zu­mu­tung“ zu haben sein. Ha­beck sagte, der Aus­bau werde ein “Lang­stre­cken­lauf“. Die neue Re­gie­rung plant, den An­teil der er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en am Strom­ver­brauch auf 80 Pro­zent im Jahr 2030 zu er­hö­hen.

Lind­ner schlie­ßt zu­sätz­li­che Neu­ver­schul­dung aus

Der Bund wird nach Ein­schät­zung Lind­ners, der künf­tig Fi­nanz­mi­nis­ter sein soll, im kom­men­den Jahr nicht mehr Kre­di­te auf­neh­men müs­sen als bis­her ge­plant. Die Fi­nanz­pla­nung des bis­he­ri­gen Fi­nanz­mi­nis­ters Scholz sei vor­aus­schau­end ge­we­sen und ent­hal­te auch Re­ser­ven für Un­vor­her­ge­se­he­nes wäh­rend der Co­ro­na-Pan­de­mie, sagte Lind­ner. Scholz hatte ge­plant, im kom­men­den Jahr wegen der an­hal­ten­den Co­ro­na-Krise noch ein­mal 99,7 Mil­li­ar­den Euro an neuen Schul­den auf­zu­neh­men. Dafür soll er­neut die im Grund­ge­setz ver­an­ker­te Schul­den­brem­se aus­ge­setzt wer­den. Ab 2023 solle die Schul­den­brem­se dann wie­der ein­ge­hal­ten wer­den, be­ton­te Lind­ner. Zu­gleich soll­ten aber nicht ge­nutz­te Kre­di­te aus die­sem Jahr in die Fol­ge­jah­re über­nom­men wer­den, so dass mehr Spiel­raum be­steht. Das sei ge­recht­fer­tigt, weil not­wen­di­ge Maß­nah­men zum Kli­ma­schutz und der Mo­der­ni­sie­rung des Staa­tes wegen der Pan­de­mie nicht so um­ge­setzt wer­den konn­ten wie ge­plant.

Ko­ali­ti­ons­ver­trag im Fu­tu­ri­um un­ter­zeich­net

Nach SPD und FDP hat­ten am Mon­tag auch die Grü­nen dem 177 Sei­ten star­ken Ko­ali­ti­ons­ver­trag zu­ge­stimmt. Er trägt den Titel "Mehr Fort­schritt wagen". Zur Un­ter­zeich­nung ihres Ko­ali­ti­ons­ver­trags hat­ten die drei Part­ner einen sym­bol­träch­ti­gen Ort aus­ge­wählt, das Ber­li­ner Fu­tu­ri­um, ein Zen­trum für Aus­stel­lun­gen zum Thema Zu­kunfts­ge­stal­tung. In ihrem über Wo­chen aus­ge­han­del­ten Ver­trag ver­spre­chen die Ampel-Par­tei­en unter an­de­rem große An­stren­gun­gen beim Kli­ma­schutz. So soll die In­dus­trie­pro­duk­ti­on in Deutsch­land kli­ma­neu­tral wer­den. Zu­gleich sind Ver­bes­se­run­gen etwa für Ge­ring­ver­die­ner, Mie­ter und Fa­mi­li­en vor­ge­se­hen.

Redaktion beck-aktuell, Michael Fischer, Martina Herzog und Carsten Hoffmann, 7. Dezember 2021 (dpa).

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