Ampel-Koalition ringt um richtigen Weg im Mietrecht
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Der Streit in der Bundesregierung um den Mieterschutz geht weiter. SPD und Grüne drängen darauf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Versprechen einzulösen. Die FDP setzt hingegen auf Baubeschleunigung. Diskutiert wird auch über die Anpassungen von Indexmieten. Gleichzeitig steht ein Personal- und damit womöglich auch ein Richtungswechsel bei den zuständigen Senaten am Bundesgerichtshof bevor.

Mietrechtsreform: Buschmann als "Klotz am Bein"?

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die 2025 auslaufende Mietpreisbremse bei Neuvermietungen bis 2029 zu verlängern. Außerdem soll die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 15 auf 11% abgesenkt werden. Die Pflicht zur Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln soll für alle Städte mit über 100.000 Einwohnern gelten. Umsetzungsfristen für diese Projekte enthält der Koalitionsvertrag nicht und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) blieb bislang untätig. Im Rahmen der Berlinwahl haben SPD und Grüne den Koalitionspartner nun aufgefordert, endlich tätig zu werden. "Wir würden uns sehr wünschen, dass Justizminister Buschmann nicht weiter der Klotz am Bein der Ampel ist", so SPD-Vize-Fraktionschef Dirk Wiese im Bundestag. Hanna Steinmüller, Wohn- und Sozial-Expertin der Grünen im Bundestag, wirft der FDP eine Blockadehaltung "auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter" vor.

FDP fordert "Bau-Booster" für Deutschland

Buschmann selbst weist die Anschuldigung in einem Interview mit dem Tagesspiegel zurück und holt zu einem Gegenschlag in Richtung Bauministerin Klara Geywitz (SPD) aus: " Wichtiger und wirksamer als die Anpassungen im Mietrecht wäre es [...], endlich das Wohnungsangebot zu vergrößern. Es muss mehr gebaut werden. Der Berliner Senat ist dabei leider eher Bremse als Beschleuniger", so Buschmann. Die Bundesregierung habe sich vorgenommen, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu schaffen. Diesem Ziel hinke sie hinterher. Die Freien Demokraten wollen deshalb ein Sofortprogramm, das Bauen schneller und preiswerter macht. In Deutschland drohe eine Baukrise, heißt es in einem Positionspapier der Partei. Das Investitionsklima habe sich merklich getrübt, Projekte würden abgesagt oder gar nicht erst geplant. Was Deutschland brauche sei ein "Bau-Booster".

Berlinwahl: Erneute Schlappe für die FDP

Für die FDP ist klar: Das Wohnungsproblem ist vor allem ein Angebotsproblem. Die Lösung laute daher: mehr, schneller und vor allem weniger bürokratisch bauen. Durch unzählige Normen, Vorschriften, unterschiedliche Bauordnungen und langwierige Genehmigungsverfahren werde das Bauen immer komplizierter, sagte der Spitzenkandidat der Berliner FDP zur Abgeordnetenhauswahl, Sebastian Czaja, vor der Wahlwiederholung. Die FDP warb deshalb dafür, die Regulierung zu vereinfachen, das Bauen zu beschleunigen und die Kosten dauerhaft zu senken. Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern fand die Partei mit ihren Forderungen jedoch nur wenig. Nach zwei gerissenen Fünf-Prozent-Hürden im Saarland und in Niedersachsen und zwei Umzügen von der Regierungs- auf die Oppostionsbank in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, ist die FDP nun auch nicht im Berliner Abgeordnetenhaus vertreten.

Weiterer Streitpunkt: Indexmietverträge

Die Meinungen der Regierungsparteien gehen auch beim Thema Indexmiete auseinander. Während SPD und Grüne die Indexmiete mit Blick auf die aktuelle Inflation regulieren beziehungsweise deckeln möchten, bremst Buschmann auch hier ab. Er sehe keinen "unmittelbaren Regulierungsbedarf", sagte er gegenüber der Berliner Morgenpost. Forderungen nach einer stärkeren Regulierung dieser an die Inflation gekoppelten Verträge klängen zwar populär, so Buschmann. Zur Wahrheit gehöre aber, dass Mieterverbände sich noch bis vor kurzem positiv zu Indexmietverträgen geäußert hätten. Gerade in Ballungsgebieten seien die allgemeinen Lebenshaltungskosten über viele Jahre deutlich langsamer gestiegen als die ortsüblichen Vergleichsmieten. Die Situation für Mieterinnen und Mieter mit Indexmietverträgen sei deshalb häufig besser gewesen als für jene mit normalen Mietverträgen.

Mieterbund warnt vor unzumutbarer Kostenfalle

In der Tat waren Indexmieten jahrelang politisch kein Thema, weil es kaum Inflation gab. Das hat sich nun aber drastisch geändert. Das Preisniveau stieg 2022 um 7,9 Prozent. Vermieter wittern hier offenbar eine Gelegenheit. So legte der Deutsche Mieterbund (DMB) jüngst eine Statistik vor, nach der im Jahr 2022 in sechs Gro­ß­städ­ten jeder drit­te neu ab­ge­schlos­se­ne Miet­ver­trag an die In­fla­ti­on ge­kop­pelt ge­we­sen ist. Das ist laut DMB sozial- und wohnungspolitisch nicht zu verantworten. Er fordert eine Kap­pungs­gren­ze für be­stehen­de In­dex­miet­ver­trä­ge und ein Ver­bot von neuen In­dex­mie­ten. Bei SPD und Grünen rennt er damit offene Türen ein. Geywitz hatte bereits in einer Stellungnahme im November 2022 zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vorschlag aus Hamburg, maximal eine Erhöhung um 3,5% im Jahr zu erlauben, begrüße. Alternativ schlug sie eine Kopplung an den Nettokaltmietenindex vor.

Neue Richter, neues Recht?

Neben der mietrechtlichen Gesetzgebung könnte auch die Rechtsprechung in diesem Bereich demnächst in Bewegung kommen. Grund dafür sind vakante beziehungsweise neu besetzte Vorsitzstellen beim Bundesgerichtshof. Der Vorsitzende des für Gewerberaummietrecht zuständigen XII. Zivilsenats Hans-Joachim Dose wurde jüngst nach über 10 Jahren vom bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Hart­mut Guh­ling abgelöst. Die Vorsitzende des für Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenats Rhona Fetzer wurde im Januar zur Richterin am Bundesverfassungsgericht ernannt. Für ihre Stelle ist noch keine Nachfolge bekannt. Es könnte sein, dass die Personalwechsel auch mit einer Änderung in der Rechtsprechung einhergehen.

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 13. Februar 2023.