Ampel-Fraktionen wollen aus Energiecharta aussteigen

Nach dem Willen der Ampel-Fraktionen soll Deutschland aus der umstrittenen Energiecharta aussteigen, um den Klimaschutz voranzubringen. Bei Umweltorganisationen steht das 1998 in Kraft getretene internationale Energieabkommen, das Investitionen in Energieprojekte schützen soll und Investoren etwa Klagen gegen Staaten vor Schiedsgerichten erlaubt, schon länger in der Kritik.

Energiecharta sollte eigentlich reformiert werden

Geplant sei, wie Frankreich oder die Niederlande zügig aus der sogenannten Energiecharta auszutreten, teilten Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP am Freitag mit. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge lobte den jetzigen Schritt als "Meilenstein". Die EU wollte sich eigentlich dafür einsetzen, die Energiecharta zu reformieren. Auch im Koalitionsvertrag steht: "Wir setzen uns für eine Reform des Energiecharta-Vertrages ein." Das Verhandlungsergebnis habe die Erwartungen allerdings nicht erfüllt, erklärten die Abgeordneten Verena Hubertz (SPD), Andreas Audretsch (Grüne) und Lukas Köhler (FDP). Das sei auch auf ein unzureichendes Verhandlungsmandat der EU-Kommission zurückzuführen.

Grünen-Fraktionschefin: Investorenklagen blockieren Klimaschutz

Grünen-Fraktionschefin Dröge sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Kein anderes internationales Handels- oder Investitionsabkommen der Welt hat mehr Investorenklagen ausgelöst als der Energiecharta-Vertrag." Ein Ausstieg sei auch ein gutes Zeichen vor dem Hintergrund der Weltklimakonferenz. "Dieser Vertrag ist ein Hindernis für die Energiewende und kostet den Staat Milliarden." Dröge kritisierte, Konzerne nutzten die Charta, um Verbote von Ölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und "horrende Entschädigungssummen" zu erklagen. "Der Vertrag war auch die Grundlage für Klagen gegen den deutschen Atomausstieg oder den niederländischen Kohleausstieg." Es sei konsequent, mit diesem Schritt Staaten wie den Niederlanden, Frankreich, Polen, Spanien und Italien zu folgen.

Ausstieg Teil eines Kompromisses zur Ceta-Ratifizierung

Zugleich einigten sich Abgeordnete der Regierungsfraktionen darauf, das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta schnell zu ratifizieren. Das entsprechende Gesetz soll in der am 28.11.2022 beginnenden Bundestagssitzungswoche aufgesetzt werden. Die beiden Themen sind offenbar ein Kompromiss der Koalition: Aus FDP-Kreisen verlautete, der Ausstieg aus der Energiecharta sei Teil einer Gesamteinigung, um die Ceta-Ratifizierung zu erreichen. Hier waren die Grünen zuvor kritisch.

Ampel-Fraktionen für weitere Handelsabkommen

Die Regierungsfraktionen einigten sich auch auf Schritte, wie die deutsche Handelspolitik weiterentwickelt werden soll. So setzen sich die Abgeordneten dafür ein, dass die EU schnell Handelsabkommen mit Chile und Mexiko schließt. Außerdem soll die EU sondieren, ob die US-Regierung bereit ist, nach dem Scheitern des TTIP-Vertrages über einen neuen Anlauf für ein Handelsabkommen zu verhandeln. Gerade angesichts der geopolitischen Lage sollten sich Deutschland und Europa breiter aufstellen, Partnerschaften stärken und politische Abhängigkeiten von einzelnen Ländern verringern, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. "Vor allem mit Ländern, mit denen wir grundlegende Werte der liberalen Demokratie teilen, wollen wir Kooperation und Handel intensivieren." Auch vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine und der wachsenden Spannungen mit China versucht Deutschland, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen. So hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck gesagt, die deutsche Export- und Importstrategie solle diversifiziert werden. "Klumpenrisiken" sollten vermieden oder abgebaut werden. Mit Investitionsgarantien wolle die Regierung einen Anreiz für Firmen schaffen, nicht nur nach China zu gehen, sondern auch in andere - zum Beispiel asiatische - Länder.

Redaktion beck-aktuell, 14. November 2022 (dpa).