Amoklauf von München: BGH bestätigt Urteil gegen Darknet-Plattformbetreiber

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen den Betreiber der Darknet-Plattform, über die die Waffe für den Münchner Amoklauf verkauft wurde, mit Beschluss vom 06.08.2019 bestätigt (Az.: 1 StR 188/19). Das Landgericht Karlsruhe hatte den Betreiber unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

LG verurteilte Angeklagten auch wegen fahrlässiger Tötung

Das Landgericht Karlsruhe hatte den Angeklagten wegen mehrerer Betäubungsmittel- und Waffendelikte sowie wegen Beihilfe zum Erwerb einer halbautomatischen Kurzwaffe in zwei Fällen und zum Handeltreiben mit Schusswaffen in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in neun Fällen und mit fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendete sich der Angeklagte mit seiner auf Teile des Schuldspruchs beschränkten Revision. Er beanstandete, dass ihm fahrlässiges Verhalten hinsichtlich der Tötungen und Körperverletzungen vorgeworfen wird.

Anonyme und abgeschottete Plattform im Darknet betrieben

Nach den Feststellungen des LG betrieb der Angeklagte als alleiniger Administrator eine Plattform im Darknet. Diese war auf größtmögliche Anonymität und Abschottung angelegt und mit dem Zusatz versehen: "Keine Kontrolle, alles erlaubt." Dementsprechend hatte er verschiedene Unterkategorien eingerichtet, die dem Werben für Betäubungsmittel und dem Vertrieb von Waffen dienten.

Presse brachte Plattform mit Attentat von Paris in Verbindung

Nachdem im November 2015 seine Plattform von der Presse mit dem Erwerb der Waffen für das Attentat von Paris am 13.11.2015 in Verbindung gebracht worden war, deaktivierte der Angeklagte die Waffenkategorie, um das Medieninteresse daran einzudämmen. Schon am 02.01. 2016 aktivierte er diese Kategorie erneut, so dass sie und die darin hinterlegten Gesuche für registrierte Nutzer der Plattform sichtbar waren.

Waffenkauf über Plattform abgewickelt

Über diese Plattform wurden durch die Nutzer illegale Waffengeschäfte ohne die erforderlichen waffenrechtlichen Genehmigungen abgewickelt. Gegenstand eines dieser Geschäfte war der Verkauf einer Pistole Glock und 567 Patronen an den 18 Jahre alten David S., die ihm der Verkäufer, der mittlerweile rechtskräftig verurteilte Philipp K., am 20.05. und 17.07.2016 übergab.

Amokläufer erschoss 9 Menschen

Am frühen Abend des 22.07.2016 schoss David S. mit der Waffe und der Munition auf eine Gruppe Jugendlicher in einer McDonalds-Filiale im Münchner Olympia-Einkaufszentrum. Fünf Jugendliche starben, einer wurde schwer verletzt. David S. verließ sodann das Einkaufszentrum und schoss auf die zu Fuß Flüchtenden. Dabei tötete er drei weitere Menschen, drei erlitten schwere Verletzungen. Er ging zurück in das Einkaufszentrum und erschoss dort einen jungen Mann. Auf seiner Flucht verletzte er noch eine weitere Person durch einen Schuss. Es gelang ihm, sich etwa zweieinhalb Stunden zu verbergen; als er schließlich von der Polizei entdeckt wurde, erschoss er sich selbst. 

Plattformbetreiber hätte Verwendung der Waffe erkennen können

In die Planung dieser Tat hatte David S. niemanden einbezogen. Auch der angeklagte Plattformbetreiber wusste nichts von diesen Plänen. Aber er hätte erkennen können und müssen, dass die Möglichkeit eines anonymen Waffenerwerbs abseits des geregelten legalen Marktes dazu führen könne, dass der Erwerber eine auf diesem Weg erworbene Schusswaffe zur Tötung und Verletzung von Menschen einsetze. Das gelte besonders, da der Angeklagte durch die Berichterstattung über das Pariser Attentat auf eine solche Möglichkeit aufmerksam geworden war.

Revision verworfen

Der BGH hat das Rechtsmittel des Angeklagten als unbegründet verworfen. Das Verfahren ist damit rechtskräftig abgeschlossen.

BGH, Beschluss vom 06.08.2019 - 1 StR 188/19

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2019.

Mehr zum Thema