Allgemeine Impfpflicht rückt näher

Bund und Länder planen härtere Corona-Maßnahmen wie zusätzliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, 2G im Einzelhandel und Einschränkungen bei Großveranstaltungen. Details sollen bis morgen ausgearbeitet werden, um dann zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen. Auch eine allgemeine Impfpflicht rückt näher. Laut designiertem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sollen entsprechende Anträge noch vor Ende des Jahres für eine Abstimmung im Bundestag eingebracht werden.

Scholz will Abstimmung ohne Fraktionszwang

Dies sagte Scholz im Fernsehsender Bild. Bis Anfang Februar oder bis Anfang März 2022 sollten alle geimpft sein. Abgestimmt wird nach seiner Vorstellung ohne Fraktionszwang, wie bei ethisch schwierigen Fragen üblich. Für Scholz hat Impfen Priorität, auch vor schärferen Maßnahmen, die vielleicht schneller wirken. Er ist nicht der einzige Ampel-Politiker, der auf die Tube drückt. Auch Grünen-Chef Robert Habeck fordert, sofort mit Vorbereitungen für eine allgemeine Impfpflicht zu beginnen. Sie wäre zwar ein weitgehender Eingriff in die Freiheit des Einzelnen, schütze aber Leben und letztlich auch die Freiheit der Gesellschaft.

Ziel: 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten

Virologen hatten zuletzt immer wieder gewarnt, ohne einen deutlich höheren Durchimpfungsgrad der Bevölkerung drohe nach der vierten schon die fünfte Corona-Welle. Immer mehr Politiker stellten zuletzt fest, dass die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen, nicht weiter auf Kosten der Freiheit der Geimpften gehen solle. Auf mehr Impfungen zielt auch der Krisenstab unter Generalmajor Carsten Breuer ab, der im Kanzleramt eingerichtet wird. "Bis Weihnachten sollen bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen möglich gemacht werden", versprechen Bund und Länder nach ihrer Sitzung. Mit wochenlangen Wartezeiten auf einen Impftermin und ewig langen Schlangen vor Impfstellen soll nach Möglichkeit Schluss sein. Dafür soll der Kreis derjenigen deutlich ausgeweitet werden, die impfen dürfen, etwa auf Apotheker.

Rufe nach schärferen Maßnahmen

Doch viele bei den Ampel-Partnern machen sich wenig Illusionen: Das Impfen alleine kann der vierten Welle nicht kurzfristig ihre Wucht nehmen und kann die Krankenhäuser nicht kurzfristig entlasten. Immer dringlicher rufen Wissenschaft und Ärzte zu durchgreifenderen Maßnahmen auf - die neue Corona-Variante Omikron lässt die Nervosität noch wachsen. Die Union dringt auf scharfe Maßnahmen: Zu Beginn der Bund-Länder-Runde legte sie auch gleich Vorschläge vor, die die SPD-Seite wohl unter Druck setzen sollten - pikanterweise gemeinsam mit Baden-Württembergs Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann.

Wohl kein bundesweiter Lockdown mehr

Rudert die Ampel also zurück und fasst ihr gerade beschlossenes Infektionsschutzgesetz noch einmal an? Nach fast dreieinhalb Stunden Krisengespräch per Video zeichnet sich ab: Man würde das wohl tun, aber nicht sofort. Der Bund soll prüfen, inwieweit das Gesetz ergänzt werden muss, so das Papier, mit dem die SPD-Seite in das Krisengespräch ging. Zum Instrumentenkasten könnten dann zum Beispiel auch "zeitlich befristete Schließungen von Restaurants" gehören. Eine Wiedereinsetzung des Status der Epidemischen Notlage wird es wohl nicht geben - bundesweiter Lockdown war gestern. Stattdessen sollen die Länder das umsetzen, was sie ohnehin schon dürfen - aber trotz dramatischer Lage nicht flächendeckend tun. Clubs und Diskotheken sollen geschlossen werden - die SPD will das in Gebieten mit hohen Inzidenzen, Länder mit Grünen- oder Unionsführung generell. Großveranstaltungen sollen eingeschränkt werden. Volle Fußballstadien wie am Wochenende soll es vorerst nicht mehr geben.

Redaktion beck-aktuell, 1. Dezember 2021 (dpa).