Aktuelle Bayerische Corona-Verordnung vorläufig weitgehend bestätigt
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Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 08.06.2020 die aktuellen Corona-Maßnahmen durch die Fünfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (5. BayIfSMV) vom 29.05.2020 in einem Eilverfahren weitgehend bestätigt. Lediglich eine den Sport betreffende Ordnungswidrigkeitsvorschrift hat er teilweise außer Vollzug gesetzt, weil einige Formulierungen im in Bezug genommenen Abstandsgebot zu unbestimmt seien.

Fünften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

Mit der Fünften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung hat das Bayerische Gesundheitsministerium die bisherigen Eindämmungsmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 fortgeführt und bereichsweise weiter gelockert. Die Verordnung regelt ein allgemeines Abstandsgebot, Verpflichtungen zur Mund-Nasen-Bedeckung, Kontaktbeschränkungen und spezielle Besuchsverbote. Ferner enthält sie Maßgaben für verschiedene Bereiche, wie Gottesdienste, Versammlungen, Sport, Spielplätze, Freizeiteinrichtungen, Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Gastronomie, Beherbergung sowie Bildung und Kultur. Bestimmte Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeld geahndet werden.

Antragsteller sehen sich in Freiheitsrechten verletzt

Die Antragsteller sind der Auffassung, diese Regelungen griffen in unverhältnismäßiger und teilweise gleichheitswidriger Weise in die Freiheitsrechte der Bürger ein, die die Bayerische Verfassung garantiere. Mit einer durch einen Eilantrag gestützten Popularklage wollten sie erreichen, dass die 5. BayIfSMV für verfassungswidrig und nichtig erklärt beziehungsweise sofort außer Vollzug gesetzt wird.

VerfGH bestätigt Verordnung weitgehend - lediglich OWi-Vorschrift im Sportbereich verfassungswidrig

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat den Antrag überwiegend zurückgewiesen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung habe nur im Hinblick auf eine Ordnungswidrigkeitsvorschrift Erfolg. Die den Bereich des Sports betreffende Ordnungswidrigkeitsvorschrift in § 21 Nr. 7 5. BayIfSMV sei insoweit vorläufig außer Vollzug zu setzen, als sie sich über mehrere Verweisungen in § 9 auf das allgemeine Abstandsgebot des § 1 Abs. 1 5. BayIfSMV beziehe. Denn insoweit erscheine sie bei vorläufiger Prüfung wegen Verstoßes gegen das spezielle Bestimmtheitsgebot des Art. 104 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung offensichtlich verfassungswidrig.

In Bezug genommenes Abstandsgebot zu unbestimmt

Nach § 1 Abs. 1 5. BayIfSMV werde jeder angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren (Satz 1). Wo immer möglich, sei ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 Metern einzuhalten (Satz 2). Es sei bereits zweifelhaft, ob dieses allgemeine Abstandsgebot, das selbst nicht bußgeldbewehrt sei, überhaupt eine zwingende und gegebenenfalls durchsetzbare Regelungswirkung entfalten soll oder lediglich als programmatischer Appell im Sinn einer Präambel zu verstehen ist. Auch wenn § 1 Abs. 1 5. BayIfSMV für sich betrachtet nicht offensichtlich gegen Verfassungsrecht verstoße, sei seine für einen Bußgeldtatbestand jedenfalls die Formulierungen “angehalten“, “absolut nötiges Minimum“ und “wo immer möglich“ bei einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung des von § 9 5. BayIfSMV umfassten Regelungsbereichs offenkundig zu unbestimmt, um die betroffenen Betreiber und Nutzer von Sporteinrichtungen in ausreichender Weise in die Lage zu versetzen, das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen.

Gesundheitsschutz überwiegt

Darüber hinaus lägen keine weiteren Gründe vor, die eine vollständige oder teilweise Außervollzugsetzung der Verordnung rechtfertigen könnten, zumal nicht offensichtlich wäre, dass der Verordnungsgeber seine verfassungsrechtliche Pflicht zur strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei Fortschreibung der – immer noch erheblichen – Grundrechtseingriffe verletzt hätte. Die von den Antragstellern erhobenen Grundrechtsrügen würden nicht durchgreifen. Die Folgenabwägung ergebe, dass die fortgeschriebenen und inzwischen zunehmend weiter gelockerten Grundrechtsbeschränkungen trotz ihrer andauernden erheblich nachteiligen Folgen insbesondere persönlicher, wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Art gegenüber der fortbestehenden Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen bei einer Überforderung der personellen und sachlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems zurücktreten müssten.

Versammlungsregelung wegen möglicher Ausnahmen nicht zu beanstanden

Diese Folgenabwägung gelte insbesondere auch mit Blick auf die Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit (Art. 113 BV) durch § 7 5. BayIfSMV. Diese Verordnungsbestimmung normiere zwar ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Versammlungen, welche die in Satz 1 genannten Voraussetzungen nicht erfüllten, insbesondere also mehr als 50 Teilnehmer hätten. Das Ausmaß der grundrechtlichen Beeinträchtigung werde aber dadurch erheblich gemildert, dass nach Satz 2 in Verbindung mit § 5 Satz 2 5. BayIfSMV auf Antrag Ausnahmegenehmigungen erteilt werden könnten, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sei.

Redaktion beck-aktuell, 9. Juni 2020.