Geschäftsführer von Steuerberatungs- oder WP-GmbH können Syndiskuszulassung bekommen
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Die Frage, ob Fremdgeschäftsführer einer GmbH überhaupt Syndikusrechtsanwälte werden können, ist heftig umstritten. Der AGH Hamm hält das eigentlich nicht für möglich. Für Juristen in Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfer-GmbHs aber machen die Anwaltsrichter in Hamm nun eine Ausnahme.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) und einige Anwaltsgerichtshöfe vertreten die Auffassung, dass Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer nicht Syndikusanwälte werden könnten. § 46 Abs. 2 BRAO nenne ein "Arbeitsverhältnis" als Zulassungsvoraussetzung, während Geschäftsführer nur im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses beschäftigt seien.

Bisher hat der Bundesgerichtshof diese Grundsatzfrage nicht entschieden. Damit ist allerdings 2024 zu rechnen, nachdem ein entsprechendes Berufungsverfahren (Az. AnwZ (Brfg) 22/23) bei dem Anwaltssenat anhängig ist.

Jetzt hat aber der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.8.2023 – 1 AGH 38/22) die Auffassung vertreten, dass jedenfalls für eine ganz bestimmte Berufsgruppe, der zahlreiche Syndizi angehören, auch bei einem Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt möglich ist.

AGH: "Ergibt keinen Sinn und erscheint nicht gewollt"

Wenn ein Rechtsanwalt als Geschäftsführer einer Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungs-GmbH im Rahmen eines Anstellungsvertrags tätig ist, dann kann er als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden.

Im entschiedenen Fall ging es um einen Rechtsanwalt, der für seine Tätigkeit als Angestellter in einer Steuerberatungs-GmbH als Syndikusrechtsanwalt von der Rechtsanwaltskammer Hamm zugelassen worden war. Als er nach knapp vier Jahren zum Geschäftsführer ernannt wurde und einen Anstellungsvertrag erhielt, stellte er einen Erstreckungsantrag bei der Rechtsanwaltskammer: Er sei weiterhin im Wesentlichen rechtsberatend mit einem Anteil von über 80% tätig und auch im Gesellschaftsvertrag sei geregelt, dass in die fachliche Unabhängigkeit der Berufsträger nicht eingegriffen werden dürfe, argumentierte er.

Die Rechtsanwaltskammer Hamm gab ihm Recht und erstreckte die Syndikuszulassung auf die Geschäftsführertätigkeit, weil ihrer Auffassung nach alle Voraussetzungen für eine Syndikustätigkeit vorlägen. Dagegen klagte die DRV vor dem AGH und hat jetzt in erster Instanz verloren. Der für alle Zulassungsfragen zuständige 1. Senat des AGH NRW wies ihre Klage ab.

Denn der Bescheid sei rechtmäßig ergangen, so der Senat. Bei Berufsausübungsgesellschaften der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer dürften auch Geschäftsführer unabhängig von der bisherigen Rechtsprechung Syndikusrechtsanwälte werden. "Dass ein Rechtsanwalt dann, wenn er mit einem untergeordneten Anteil seiner Arbeitskraft als Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft bestellt wird, nicht mehr als Syndikusrechtsanwalt für die Gesellschaft und deren Mandanten rechtsberatend tätig sein kann, ergibt keinen Sinn und erscheint aufgrund des Zusammenspiels der gesetzlichen Regelungen aus § 55b Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StBerG und § 46 Abs. 5 Nr. 3 BRAO auch nicht gewollt", schreiben die Richter zur Begründung ihrer Auffassung. Da zudem die anwaltliche Tätigkeit prägend und auch die fachliche Weisungsunabhängigkeit im Gesellschaftsvertrag gewährleistet sei, seien alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.

Ein wichtiges Signal

Damit macht der AGH in seinen eigenen Entscheidungsgründen für Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH eine Ausnahme von seiner eigenen Rechtsprechung. Diese lässt sich hören, denn mit dem Sinn und Zweck des Rechts der Berufsausübungsgesellschaften ist es nicht in Einklang zu bringen, dass der Berufsträger/Rechtsanwalt zwar als Angestellter der Gesellschaft Syndikusrechtsanwalt sein kann, nicht aber als Geschäftsführer derselben Gesellschaft. Die Geschäftsführerstellung ist für den AGH also nicht entscheidend, sondern die anwaltliche Tätigkeit für die Mandanten des Arbeitgebers.

Der Senat hat die Berufung zum BGH zugelassen, so dass voraussichtlich auch über diese Fallgestaltung der Anwaltssenat wird entscheiden müssen. Für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die in Steuerberatungs- und WP-GmbHs arbeiten - und das sind nicht wenige -, sendet der AGH allemal ein wichtiges Signal: Für sie gibt es jetzt die Hoffnung auf eine Geschäftsführerposition, ohne sich zwischen der Beförderung und der Syndikuszulassung entscheiden zu müssen.

Wichtig ist das nicht zuletzt, weil Rechtsanwälte bei diesen nichtanwaltlichen Arbeitgebern als Syndikusrechtsanwälte zugelassen sein müssen, wenn sie z.B. die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten wollen. Denn diese Gesellschaften sind "nichtanwaltliche Arbeitgeber" - so sieht es jedenfalls sei gut zwei Jahren die DRV, die ihre frühere Praxis geändert hat.

Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in Singen (Hohentwiel) und war lange Jahre Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er publiziert regelmäßig zum anwaltlichen Berufsrecht.

Martin W. Huff, 13. November 2023.