Vater verweigert seine Zustimmung
Eine Mutter wollte ihrer halbwüchsigen Tochter erlauben, mit dem früheren Lebensgefährten der Frau nach Russland in den Urlaub zu fahren. Der Vater des 15-jährigen Mädchens stellte sich jedoch quer. Per einstweiligem Rechtsschutz beantragte die Mutter daraufhin, ihr das Recht zu übertragen, alle notwendigen Dokumente zu beantragen oder auszustellen. Mit dem Ziehvater hatte sie von 2013 bis 2019 zusammengelebt. Das Mädchen sah ihn als ihren Vater an und sprach ihn auch mit "Papa" an. In der Vergangenheit war sie wiederholt mit ihm verreist. Er könne wegen der langjährigen und engen Kontakte nach Russland – unter anderem lebe seine Verlobte dort – die aktuelle Situation vor Ort gut einschätzen, so die Mutter. Der leibliche Vater stellte sich quer, da er die Reise angesichts der derzeitigen Weltlage für zu gefährlich hielt. Persönliche Kontakte von Vater und Tochter bestünden laut der Frau seit Jahren nicht mehr. Dieser verwies auf Kontakte über einen Messengerdienst. Das AG Wittenberg hörte sowohl das Kind als auch das Jugendamt an. Die Behörde und die Verfahrensbeiständin sprachen sich gegen die Reise aus. Ohne die Begleitung eines Sorgeberechtigten wäre das Mädchen auf sich gestellt, falls dem Pflegevater während der Fahrt etwas zustoßen sollte. Das Gericht gab dem Antrag der Mutter im Ergebnis statt.
Reise ist von Auflagen abhängig
Dem AG Wittenberg zufolge ist der Kindesmutter die alleinige Entscheidungsbefugnis, das für die Reise notwendige zu veranlassen, unter Auflagen zu übertragen. Unter Berücksichtigung des Kindeswohlprinzips (§ 1697a BGB) fehle es dabei für die Beantragung eines Reisepasses an nachvollziehbaren Gründen für die Weigerungshaltung des Vaters. Hier bestehe kein Zusammenhang mit der konkreten Reise. Bei der Entscheidung über die Erlaubnis und die Beantragung eines Visums sprächen die besseren Gründe dafür, der Mutter die Befugnis zu übertragen: Sie habe die konkrete Situation ihrer Tochter hinreichend im Auge. Die vom Kindesvater vorgebrachten Gründe für seine Ablehnung seien abstrakter Natur. Er habe generelle, der aktuellen Situation in Russland geschuldete Bedenken. Gerade weil der Ziehvater mit den Verhältnissen des Landes vertraut und die Reise in Begleitung einer Russin geplant sei, ergebe sich daraus derzeit kein gesteigertes konkretes Risiko für das Mädchen. Es dürfe vielmehr erwartet werden, dass ihre erwachsenen Begleiter sich fortwährend über die Lage informieren und erforderlichenfalls die Route abändern oder die Reise abbrechen. Auch wirke die Jugendliche sehr reif und habe einen realistischen Blick auf die Dinge. Die Auflagen sollten vorsorglich sicherstellen, dass die Mutter über die Lage im Land mithilfe der Einschätzung des Auswärtigen Amts auf dem neuesten Stand bleibe und entsprechende Reisewarnungen sofort beachte. Inwieweit die geplante Reise tatsächlich stattfinden könne, liege außerhalb des Konflikts der Eltern (Az.: 5a F 327/23 EASO).