Mehrfach erforderliche Maske nicht getragen
Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung in drei Fällen zu Geldbußen von 100, 200 und 600 Euro verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts hatte der Betroffene aus Paderborn in dem von ihm geführten Handyshop entgegen dem damals geltenden § 3 Abs. 2 Nr. 1 Coronaschutzverordnung bei Kontrollen des Ordnungsamtes an vier aufeinanderfolgenden Tagen im Januar 2021 jeweils nicht die erforderliche Alltagsmaske getragen. Der Verstoß gegen die Verordnung war ihm jedenfalls bei den letzten drei Verstößen auch bewusst. Bei dem letzten Vorfall nahm das Amtsgericht zugleich einen weiteren Verstoß gegen die Coronaschutzverordnung an, weil der Betroffene notwendige Desinfektionsmittel nicht vorgehalten hatte.
OLG bejaht ausreichende Rechtsgrundlage für Maskenpflicht
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hob das OLG (Beschluss vom 16.12.2021, Az.: 4 RBs 387/21) das Urteil auf und verwies die Sache an das AG zurück. Der Senat bejahte zunächst eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die hier in Rede stehende Maskenpflicht. Mit der in §§ 28 Abs. 1, 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG (Infektionsschutzgesetz) enthaltenen Ermächtigungsgrundlage habe der Gesetzgeber im Verlaufe der Pandemie die Schaffung einer Rechtsverordnung ermöglicht, mit der das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an bestimmten Orten angeordnet werden konnte ("Maskenpflicht"). Auf dieser Grundlage habe § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Coronaschutzverordnung NRW in der Fassung vom 30.11.2020 eine Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske vorgesehen, und zwar unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands in geschlossenen Räumlichkeiten im öffentlichen Raum, soweit diese - mit oder ohne Eingangskontrolle - auch Kundinnen und Kunden zugänglich waren.
Kein Verstoß gegen Parlamentsvorbehalt und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Der erkennende OLG-Senat hat dabei weder einen Verstoß gegen den aus Art. 80 Abs. 1 GG folgenden Parlamentsvorbehalt, gegen das Bestimmtheitsgebot noch etwa gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angenommen. Letzteres hat der Senat insbesondere damit begründet, dass die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht in das durch Art. 2 Abs. 2 GG garantierte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eingreift. Denn mit dem sachgerechten Tragen einer entsprechenden Bedeckung gingen gesundheitliche Risiken nicht einher, so das OLG.
Eingriff in allgemeine Handlungsfreiheit nur geringfügig
Soweit in der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zwar grundsätzlich ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu sehen sei, sei die damit verbundene Belastung des Einzelnen als eher geringfügig anzusehen. Außerdem sei in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Coronaschutzverordnung NRW nicht etwa eine generelle Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum angeordnet worden, sondern die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung die Mehrzahl der Betroffenen nur für eine kurze Zeit und lediglich in bestimmten Alltagssituationen (Einkäufe usw.) betroffen habe. Die Verpflichtung war also laut OLG in räumlicher und zeitlicher Hinsicht auf bestimmte Situationen beschränkt, bei denen es zudem der Normadressat in vielen Fällen selbst in der Hand habe, ob und für welchen Zeitraum er sich in eine solche Situation begibt.
AG-Urteil wegen unzureichender Feststellungen aufgehoben
Der Senat hob das Urteil des Amtsgerichts dennoch auf, da ausreichende Feststellungen, die es dem Senat erlaubt hätten, das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale zu überprüfen, vom Amtsgericht nicht getroffen worden waren. So sei dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen gewesen, ob es sich bei den in Rede stehenden Räumen um solche Betriebsräume handelte, die als "öffentlicher Raum" im Sinn der Coronaschutzverordnung einzuordnen sind und ob diese auch - wie von der herangezogenen Vorschrift gefordert - dem Kundenverkehr zugänglich waren.
Nach erneuter Verhandlung Reduzierung einer Geldbuße
Nach einer erneuten Verhandlung hat das Amtsgericht Paderborn den Betroffenen erneut wegen eines fahrlässigen und dreier vorsätzlicher Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung zu Geldbußen verurteilt. Die Höhe der Geldbußen blieb gleich, ausgenommen die 600 Euro-Geldbuße, die auf 400 Euro reduziert wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hielt sich der Betroffene in seinem Handyshop jeweils in dem für den Kundenverkehr bestimmten Verkaufsraum auf und neben dem Betroffenen waren jeweils Kunden oder Mitarbeiter anwesend, die ebenfalls keine Masken trugen. Der Betroffene sei von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes jeweils auf die von ihm abgelehnte Maskenpflicht hingewiesen worden, weshalb das Amtsgericht ab dem zweiten Fall von Vorsatz ausgegangen sei und wegen des uneinsichtigen Verhaltens die Geldbußen für die nachfolgenden Verstöße entsprechend erhöht habe. Der gleichzeitige Verstoß gegen eine Verpflichtung zum Vorhalten von Desinfektionsmitteln habe sich indes bei der neuen Verhandlung nicht bestätigt, so dass das Bußgeld für den vierten Verstoß geringer ausfiel als im ersten Urteil.