Werbe-E-Mails ohne Zustimmung verletzen Persönlichkeitsrecht

Ein Pay-TV Anbieter darf im geschäftlichen Verkehr Werbe-E-Mails nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Empfängers versenden. Mit einem am Freitag veröffentlichten Urteil bestätigte das Amtsgericht München einen entsprechenden Unterlassungsanspruch. Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung sei an keine bestimmte Form gebunden. Der Kläger musste die Einstellungen im "Kundenverwaltungssystem" der Beklagten nicht selber ändern.

Streit um Angebot für Abschluss eines 12-monatigen Abos

Der Kläger in dem Verfahren betrieb eine E-Mail-Adresse, die er auch beruflich nutzte. Im Dezember 2021 widersprach er per E-Mail der werblichen Nutzung seiner personenbezogenen Daten. Trotzdem erhielt er im Januar 2022 erneut elektronische Post der Beklagten, mit der diese für den Abschluss eines 12-monatigen Abos warb. Der Kläger forderte die Beklagte zunächst außergerichtlich zur Unterlassung auf. Nachdem der Pay-TV-Anbieter nicht reagierte, klagte er. Der Kläger ist der Ansicht, sein Widerspruch sei wirksam. Dieser könne nach der Datenschutzgrundverordnung jederzeit und insbesondere formlos erfolgen. Die Beklagte trug dagegen vor, dem Kläger sei auf seine Nachricht vom Dezember mitgeteilt worden, dass er ganz einfach die entsprechende Einwilligung im Kundenverwaltungssystem entziehen könne. Da der Kläger dies nicht getan habe, habe sie davon ausgehen können, dass seine Einwilligung weiterhin Bestand habe.

Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden

Das Gericht gab der Klage jetzt vollumfänglich statt. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 11004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu. Die Verwendung von elektronischer Post für Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stelle einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze den Bereich privater Lebensgestaltung und gebe dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden, erläuterte der zuständige Richter.

Schutz vor unerwünschter Kontaktaufnahme

Hieraus folge ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht könne deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen – als solche nicht ehrverletzenden – Kontaktaufnahme könne aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolge, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre. Die Beklagte stelle nicht in Abrede, dass die von ihr unstreitig nach dem Widerspruch des Klägers übersandten E-Mails Werbung enthalten. Nach dem Widerspruch des Klägers sei das Übersenden von Werbung mittels elektronischer Post unzulässig, weil der Beklagten der entgegenstehende Wille des Klägers dann erkennbar war.

Mögliche Änderung der Einstellungen im "Kundenverwaltungssystem" keine Alternative

Nicht nachvollziehbar sei der Einwand der Beklagten, der Kläger habe in ihrem "Kundenverwaltungssystem" darüber hinaus noch bestimmte Einstellungen selbst tätigen müssen. Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung sei an keine bestimmte Form gebunden; die Verwaltung ihrer Kundendaten obliege allein der Beklagten und könne nicht auf den Kunden abgewälzt werden, betonte das Gericht.

Kein Raum für mutmaßliche Einwilligung

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist nach Ansicht des AG auch rechtswidrig. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr werde durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert. Der Kläger habe der werblichen Nutzung seiner Daten ausdrücklich und unmissverständlich gegenüber der Beklagten widersprochen. Der Widerspruch gelte grundsätzlich zeitlich unbeschränkt, so dass für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung durch die Beklagte künftig ohne weitere hinzutretenden Umstände kein Raum mehr sei.

AG München, Urteil vom 05.08.2022 - 142 C 1633/22

Redaktion beck-aktuell, 19. August 2022.