AG München verneint Schadensersatz für vorübergehenden Verlust des Fernsehanschlusses

Der vorübergehende Verlust eines digitalen Fernsehkabelanschlusses begründet keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nutzungsausfalls. Dies hat das Amtsgericht München mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 24.10.2017 entschieden. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 50 Euro pro Tag gefordert. Nach Auffassung des Gerichts ist der Fernsehanschlusses jedoch nicht lebensnotwendig (Az.: 283 C 12006/17, nicht rechtskräftig).

Kläger nach Netzabschaltung 32 ohne Fernsehanschluss

Die Beklagte hatte sich vertraglich zur Bereitstellung eines TV-Basis-HD-Kabelanschlusses verpflichtet. Seit dem 13.02.2017 war kein Fernsehempfang über die Beklagte mehr möglich. Die Beklagte nutzte das "OPAL-Netz" der Telekom, welches von dieser abgeschaltet wurde und nicht weiter betrieben wird. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte – entsprechend der Rechtsprechung des BGH zum Nutzungsausfall im Fall eines Internetanschlusses – auch im Fall des allein streitgegenständlichen Fernsehanschlusses zur Zahlung von Schadenersatz wegen Nutzungsausfalls verpflichtet sei, welcher mit 50 Euro je Tag anzusetzen sei, bei 32 Tagen mithin mit insgesamt 1.600 Euro. Ein anderweitiger Fernsehempfang sei erst ab dem 17.03.2017 möglich gewesen.

Beklagte sieht keine Parallele zum Internet-Anschluss

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie von der Verpflichtung zur Erbringung der geschuldeten Leistungen frei geworden sei. Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der streitgegenständliche Fernsehanschlusses sei mit einem Internet-Anschluss nicht vergleichbar. Der Kläger habe Fernsehprogramme sowohl terrestrisch als auch über das Internet empfangen können. Die Ersatzpflicht des Schädigers entfalle, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung stehe.

Gericht: Fernsehkabelanschluss ist reines Konsumgut

Auch der zuständige Richter am AG München verneinte einen Anspruch auf Schadensersatz aus Nutzungsausfall: "Entschädigung für Nutzungsausfall ist (…) lediglich dann zu gewähren, wenn es um den Entzug von Lebensgütern geht, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist", betonte er. Anders als der Komplettausfall eines Internetanschlusses habe sich der Ausfall eines reinen Fernsehkabelanschlusses als solcher nicht signifikant auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung ausgewirkt. Es handele sich beim Fernsehkabelanschluss um ein reines Konsumgut, wohingegen sich das Internet zunehmend als zentrales Kommunikationsmedium darstelle.

Informationsbedürfnis hätte online gestillt werden können

Der streitgegenständliche Fortfall des Fernsehempfangs während der Dauer von 32 Tagen stelle sich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dar, sondern als reine Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Hinzu tritt nach Auffassung des Richters, dass der Fernsehempfang auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses immer mehr an Bedeutung verliert im Hinblick auf die im Internet bereitgehaltenen Informationsquellen. Zwar war im entschiedenen Fall ein Fernsehempfang via Satellit nicht möglich. Nicht dargetan sei aber, dass kein terrestrischer Empfang möglich gewesen wäre. Selbst wenn man dies unterstelle, habe es noch den Internetzugang gegeben. Es sei gerichtsbekannt, dass über das Internet Informationsbedürfnisse hinreichend gestillt werden können, insbesondere ermögliche das Internet beispielsweise auch über Livestreams den Konsum einer Vielzahl von Programmen.

AG München, Urteil vom 24.10.2017 - 283 C 12006/17

Redaktion beck-aktuell, 2. März 2018.

Mehr zum Thema