Verfallene Burg darf als "Lost Place" bezeichnet werden

Eine verfallene mittelalterliche Burg darf als "lost Place" bezeichnet werden. Dies hat das Amtsgericht München entschieden und die Klage der Eigentümerin der Burg, einer US-amerikanischen Gesellschaft, rechtskräftig abgewiesen, die Schadensersatzansprüche wegen Verletzung "moralischer Rechte" geltend gemacht hatte.

Fotos von als "Lost Place" bezeichneter Burg veröffentlicht

Der Beklagte betreibt eine Internetseite, auf der er 2018 in der Rubrik "Lost Places" diverse Fotografien mit Außen- und Innenansichten einer Burg veröffentlichte. Eigentümerin dieser Burg, die im neunten Jahrhundert erstmals erwähnt und im vierzehnten Jahrhundert nach einem Brand wiederhergestellt wurde, ist die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft. Sie behauptete, das Gebäude sei urheberrechtlich geschützt und sie Inhaberin der Urheberrechte. Die ungenehmigte Anfertigung der Bilder und das rechtswidrige Eindringen stellten eine Verletzung ihres "ausländischen Copyrights" dar. Sie forderte 3.000 Euro Schadenersatz und erläuterte, dies entspräche dem Pauschalpreis, den sie einer Film-Crew bis zu vier Personen für die Lizenz berechne. Die Verbreitung der Fotos verletze den "foreign copyright claim" und moralische Rechte. Die Bezeichnung der Burg als "Lost Place" sei unwahr, denn die Burg sei weder verloren noch verlassen. Hierfür verlangte die Klägerin 1.500 Euro Schadensersatz. Der Beklagte fand hingegen, die Burg gleiche einer Ruine, ihr komme daher kein Urheberrechtschutz zu. Zudem sei das Grundstück frei zugänglich, Nachteile oder ein Schaden könnten der Klägerin daher durch das Anfertigen von Fotografien nicht entstanden sein.

AG: Keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Geldentschädigung

Das AG hat die Klage abgewiesen. Urheberrechtlicher Schutz nach § 11 S. 1 UrhG scheide von Vornherein aus, da die Klägerin als juristische Person nicht Urheberin der Burg sein könne und diese auch nicht errichtet habe. Abgeleitete Schutzrechte seien angesichts der lange zurückliegenden Errichtung ebenfalls völlig abwegig. Die Klägerin habe auch keine Schadensersatzansprüche wegen der Bezeichnung der Burg auf der Internetseite als "Lost place". Insbesondere komme kein Anspruch auf eine Geldentschädigung gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht.

Verfallene Burg darf als "Lost Place" bezeichnet werden

Die Klägerin verlange insoweit offenbar eine Geldentschädigung für immaterielle Schäden (“Verletzung moralischer Rechte“). Eine solche könne zum einen nur natürlichen Personen zustehen, woran es hier fehle. Und zum anderen komme sie nur in Betracht, wenn eine schwere Beeinträchtigung vorliegt, die nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Auch daran fehle es. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung durch die Äußerung des Beklagten sei nicht annähernd ausreichend dargetan oder ersichtlich. Überdies scheide auch insoweit eine Verletzungshandlung offensichtlich aus. Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Lichtbildern ergebe sich unzweifelhaft, dass das Objekt leer steht, Nach der Außenansicht zu urteilen sei es zudem tatsächlich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand, sodass zumindest der Verfall droht. Wenn der Beklagte eine derartige Immobilie als "Lost place" bezeichne, handele es sich daher um eine offenkundig wahre Tatsachenbehauptung.

AG München, Urteil vom 09.04.2021 - 142 C 14251/20

Redaktion beck-aktuell, 22. Juli 2022.